Sächsische Zeitung, 09.09.2012
Ich mach dann mal Schulden - Wer genügend Miese hat, ist reich. Er investiert. So ähnlich jedenfalls steht es im neuen Haushalt.
EIN neues Rad für die Große, gelegentliche Sehnsucht nach Geselligkeit samt Bratkartoffeln und fiese schmale Briefkuverts mit der Adresse hinter einem knisternden Folienfensterchen, die sanft mahnend abstruse Stromrechnungen frei Haus liefern; Manchmal, aber nur manchmal, bin auch ich im Dispo, knietief. Doch das ist keine Schande. Im Gegenteil. Schulden sind im Grunde genommen gigantische Investitionen.
TADELLOSES Vorbild für die nur scheinbar krude These ist der neue Doppelhaushalt, über den der Landtag gerade grübelt. Denn im Etatentwurf wird das Einzahlen in einen schlappe 1,2 Milliarden schweren Fonds für die Verluste der Landesbank als Investition verbucht. Sachsen jedenfalls ziert eine im Ländetvergleich hohe Investitionsquote. Anders gesagt: Wer genügend Miese hat, investiert eichhörnchenemsig. Je mehr, je besser.
FÜR DEN ALLTAG heißt das: Tilg ich ein paar Hundert Euro, die der Kontoauszugsdrucker "zu Ihren Lasten" surrend ausspeit, ist das eigentlich eine Investition in einen ölig glänzenden Dreiteiler von Brioni, gebraucht allerdings. Müssen ein paar Tausend abgestottert werden, kann das getrost als Grundlage für eine Solaranlage aufs Regenvordach, eine Schiffsreise in einer Außenkabine oder die Küchenzeile Madeira in Magnolie durchgehen.
GROBER UNFUG? I wo. Die Dresdner Rathauslinke kontert den Konsolidierungskurs der Stadt mit dem beunruhigenden Hinweis, dass Rumänien kurz vor dem Zusammenbruch unter Ceaucescu schuldenfrei war. Das sollte weder in Dresden noch in Sachsen passieren. Ich trage zur Stabilität bei und überziehe mein Konto derbe, Ich kann es mir schließlich leisten. Denn ich investiere.
VIEL ZU WENIG Geld, in echt jetzt, für den Schulbau in seiner Hauptstadt investiert das Land. Sagt jedenfalls Dresdens Finanzchef Hartmut Vorjohann. Die CDU müsse sich überlegen, ob sie beim Festhalten an diesem Kurs in sächsischen Großstädten noch wählbar sei. Der Bürgermeister, selbst in der CDU, gilt als exzellenter Fachmann für knifflige Etats und versierter Rhetoriker. Lob erhielt er prompt, wenn auch vergiftetes. Grüne und Linke sehen sich jauchzend-frohlockend in ihrer Haltung bestätigt, dass die CDU in Städten nicht wählbar ist.
Sächsisch betrachtet von Thilo Alexe