Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 19.09.2012

Freibergs Schwarzer Peter - Wehrmacht und Waffen-SS beim Tag der Sachsen: Staatskanzlei schiebt Verantwortung weiter

 
Leipzig. Kriegsgerät und Uniformen von Wehrmacht und Waffen-SS beim Festumzug auf dem Heimatfest Sachsens - die Szene stammt nicht etwa aus den 30ern des 20. Jahrhunderts, sondern aus 2012. Empörung? Nein. War doch offensichtlich alles mottogerecht: Vereine und Verbände "präsentieren ihre Aktivitäten und informieren über heimatliches Brauchtum". So heißt es auf der Internetseite der Sächsischen Staatskanzlei. Die ist Initiator und Sponsor des Tags der Sachsen.

Gehört die Pflege der Nazi-Zeit tatsächlich zum Brauchtum im Freistaat? Zu dem von Neonazis und Rechtsextremen sicher, aber zum allgemeinen Brauchtum? Zur Erinnerung: Die Waffen-SS stellte im Zweiten Weltkrieg Kampfverbände und Wachen der Konzentrationslager. Die Einheit war eine Massenvernichtungsmaschinerie. Die Nürnberger Prozesse erklärten sie zur verbrecherischen Organisation. Das Zeigen ihrer Symbole und Uniformen wird strafrechtlich belangt. Wenn es denn angezeigt wird. Und die Wehrmacht fiel als Angriffs- und Eroberungsarmee im Zweiten Weltkrieg über Europa her. Ihre Gräueltaten waren in der Ausstellung Verbrechen der Wehrmacht dokumentiert.
Ruft man sich das in Erinnerung, kommt man aus dem Kopfschütteln nicht heraus. Wieso schweigt Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) als Vorsitzender des Kuratoriums Tag der Sachsen zum Zeigen einer Waffen-SS-Uniform?

Die Staatskanzlei lässt lediglich Vize-Regierungssprecherin Sandra Jäschke erklären: "Über die Anmeldungen und Präsentationen der Vereine zum Tag der Sachsen hat die Stadt Freiberg eigenverantwortlich entschieden. In den Richtlinien des Kuratoriums ist jedoch festgelegt, dass Präsentationen, die dazu geeignet erscheinen, dem Ansehen des Tages der Sachsen in der Öffentlichkeit Schaden zuzufügen, nicht zuzulassen sind." Der Vorfall sei sehr bedauerlich. Alle Verantwortlichen müssten Sorge tragen, dass sich das keinesfalls wiederhole.
Verantwortlich sind also die anderen. Die Freiberger Gastgeber sind schuld, hätten besser aufpassen müssen. Die Staatskanzlei ist fein raus. Dumm nur: Die Freiberger haben aufgepasst. Sie haben die Militaria-Leute zwischen Häusern versteckt. Sie haben durchgesetzt, dass Gewehrattrappe und Moskau-Wegweiser verschwinden. Die Waffen-SS-Uniform hat angeblich keiner erkannt. Nun lachen sich Neonazis ins Fäustchen, dass die Kluft dem Sachsenfest untergejubelt wurde.

Um solchen Kriegsspuk zu verhindern, müsste eine bessere Satzung her. Auch eine Distanzierung der Staatsregierung wäre angebracht. Doch die schweigt, und das passt ins Bild. Obwohl braune Horden Orte tyrannisieren und Ausländer hetzen, üben sich Polizei und Politik oft im Verharmlosen und Vertuschen. Oder ist es Gleichgültigkeit? Schielt man auf die Wähler vom rechten Rand? Statt klare Kante zu zeigen, werden Initiativen, die tatsächlich den neuen Nazi-Terror bekämpfen, mit einer Extremismusklausel drangsaliert. Gibt es kein Erwachen? Obwohl ein rechtsextremes Killertrio von Sachsen aus mordend durchs Land zog? Es entstammt einem Milieu, welches die Verbrechen des Zweiten Weltkrieges verherrlicht. Verbrechen von Wehrmacht und Waffen-SS...

Andreas Friedrich

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: