Freie Presse Chemnitz, 24.09.2012
SPD-Parteitag: Zuviel des Guten - Kommentar von Torsten Kleditzsch
Wie passt das Ambiente eines Nachtclubs zur sächsischen SPD? In etwa so wie der Anspruch der Genossen, zur neuen "Sachsen-Partei" zu werden. Nahezu überhaupt nicht.
Sachsens Sozialdemokraten haben sich auf ihrem Parteitag am Wochenende in Dresden viel vorgenommen, auch viel Wahres gesagt und die Weichen im Großen und Ganzen richtig gestellt. Nur klafften Anspruch und Wirklichkeit teilweise soweit auseinander, dass man die Ernsthaftigkeit der Strategie infrage stellen muss.
Der alte und neue Parteichef Martin Dulig hat eines ganz offensichtlich richtig erkannt: Wenn man in Sachsen in absehbarer Zeit regieren will, kann man den Leuten nicht erzählen, dass bislang alles falsch war, was die CDU-geführten Regierungen so auf den Weg gebracht haben. Das glauben zu wenige im Freistaat. Deshalb setzt er zurecht auf die Strategie: Leistungen anerkennen und zugleich dort attackieren, wo die aktuelle Landesregierung Angriffsfläche bietet. Die gibt es mittlerweile ohne Frage. Soweit - so gut.
Es ist sportlich, aber noch nicht übermütig, ein Ziel von 20 Pr0zent für die nächste Landtagswahl auszurufen. Der Mensch braucht Herausforderungen. Wenn man aber bei einer Partei von 4000 Mitgliedern und Wahlergebnissen über die Jahre von zehn Prozent ankündigt, man wolle nur neuen "Sachsen-Partei" werden, der CDU also den Rang ablaufen, obwohl man sie noch nicht einmal in Sichtweite hat, dann ist das zu viel des Guten. Man riskiert, nur ein Lächeln zu ernten, statt der erhofften Zustimmung.
Natürlich hat es Dulig schwer, seine Partei zu positionieren. Ein Linksbündnis mit Regierungsmehrheit ist auf mittlere Frist höchst unwahrscheinlich. Also bleibt ihm nur die CDU, um wieder in die Regierung zurückzukehren. Die SPD muss sich also profilieren, ohne sich zu weit von der CDU zu entfernen. Die von Dulig skizzierte Strategie nimmt das durchaus auf. Zwar nennt er die Grünen als Wunschpartner Nummer 1. Doch ist der Satz angesichts der Macht- und Größenverhältnisse in Sachsen geradezu belanglos. Wenn es um Rot-Grün in Sachsen geht, dann braucht es noch einen stärkeren Dritten.
Zumindest geht der Parteichef in den eigenen Reihen gestärkt aus diesem Parteitag hervor. Die Richtung stimmt. Aber das Träumen sollte man lassen. Vielleicht lag es ja am Ambiente.
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