Sächsische Zeitung, 10.01.2013
Asterix, die verschwundene Quelle
Im „Sachsensumpf“-Untersuchungsausschuss verteidigt sich eine Ex-Verfassungsschützerin gegen die Justiz.
Vor vier Jahren, als Simone Henneck zum ersten Mal als Zeugin im Untersuchungsausschuss auftrat, warteten viele Zuhörer gespannt auf ihre Aussage. Gestern saßen nur sehr wenige Besucher im Saal 600 des Landtags, um ihre Vernehmung zu verfolgen. Schon seit geraumer Zeit dreht sich der Ausschuss im Kreis.
Die 53-jährige Regierungsdirektorin war Referatsleiterin für Organisierte Kriminalität im Landesamt für Verfassungsschutz und ist nach Ansicht der Justiz maßgeblich verantwortlich für eine Datensammlung, die 2007 als „Sachsensumpf“ für Aufsehen sorgte. Ende 2010 hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen sie und einen Polizisten wegen „Verfolgung Unschuldiger“ erhoben. Henneck, die inzwischen Skroch heißt, sagte gestern, es sei ein unerträglicher Zustand, dass das Landgericht Dresden bis heute noch nicht über die Eröffnung des Verfahrens entschieden habe.
Die Beamtin, die nach der Anklageerhebung suspendiert wurde, wehrt sich seit Jahren gegen die Ermittlungen der Justiz und ihres Dienstherrn. Zwei Anwälte saßen gestern an ihrer Seite, darunter der frühere sächsische Datenschutzbeauftragte Thomas Giesen. Minuziös schilderte sie den Abgeordneten über mehrere Stunden Schriftwechsel und Konflikte mit der Staatsanwaltschaft und dem Landesamt für Verfassungsschutz. Die Aktenordner mit Strafanzeigen, Klagen und Protokollen dürften inzwischen mehrere Regale füllen.
Wie schon bei ihrer Aussage im Jahr 2009, wies sie es weit von sich, für die Veröffentlichung des Dossiers über angebliche Verstrickungen von Justiz, Rotlichtmilieu und Immobilienbranche in Leipzig verantwortlich zu sein. Die Presseberichte im Mai 2007 hätten auch sie als zuständige Referatsleiterin völlig überrascht. Die Hinweise auf illegale Netzwerke, denen sie als Verfassungsschützerin nachgegangen sei, seien für strafrechtliche Ermittlungen noch viel zu vage gewesen. Deshalb sei die Justiz vorschnell eingeschaltet worden. Als die „Sachsensumpf“-Blase platzte, hätten Regierung und Justiz sie zum alleinigen Sündenbock erklärt.
Eine Ende der Aufklärung der sogenannten Korruptionsaffäre ist nicht in Sicht. Trotz der schwerwiegenden Vorwürfe gegen die Ex-Verfassungsschützerin sieht das Landgericht wenig Grund zur Eile. Ein Prozesstermin ist auch zwei Jahre nach Anklageerhebung nicht in Sicht. Auch der Fragebedarf der Opposition ist noch nicht erschöpft. Eine davon betrifft das angebliche Verschwinden von Unterlagen im Landesamt für Verfassungsschutz. Die Berichte einer Quelle namens „Asterix“ seien, so die Zeugin, spurlos verschwunden.
Von Karin Schlottmann