Karl Nolle, MdL

Stern 50/02, 09.12.2002

Einer packt aus

Bilges über die Zusammenarbeit mit Biedenkopf: »Mehrere Telefonate und eine persönliche Begegnung«
 
Hans-Erich Bilges hat schon vielen Herren loyal gedient. Für die Expo 2000 in Hannover, den Öl-Multi BP und den Energiekonzern Vattenfall entwarf er PR-Konzepte. Heute leitet er gemeinsam mit FDP-Schatzmeister Günter Rexrodt und Ex-»Bild«-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje die Berliner PR-Agentur WMP Eurocom, zu deren Gesellschaftern der Manager Ulf Rittinghaus gehört. WMP ist eine der Top-Lobbyisten-Adressen in Deutschland.

1999, im Vorfeld der letzten Landtagswahl in Sachsen, kümmerte sich Bilges um eine Aktion, von der Duzfreund Kurt Biedenkopf profitieren sollte. Bei der Kampagne »Sachsen für Sachsen« sagten heimatverbundene Bürger, was »König Kurt« und seine Wahlkämpfer gern hörten. Herr Hoffmann aus Ebersbach meinte : »Ich finde Sachsen gut, weil wir einen ganz tollen Ministerpräsidenten haben - den Herrn Biedenkopf.«

Bilges stellte die Aussagen in Zeitungsanzeigen zusammen, und WMP kassierte 345 000 Mark Honorar. Damals wurde beteuert, die Aktion sei allein von sächsischen Unternehmen initiiert und finanziert. Die CDU oder gar die Biedenkopf-Regierung hätten damit nichts zu tun.

Wirtschaftskrimi um Wahlhilfe und Subventionsbetrug

Heute rückt die Kampagne in den Mittelpunkt eines Wirtschaftskrimis um Wahlhilfe und angeblichen Subventionsbetrug: Ulf Rittinghaus, damals Chef des Trabi-Nachfolgekonzerns Sachsenring Automobiltechnik (SAG), sagte an Eides statt aus, sein Unternehmen habe die Kampagne finanziert (stern Nr. 48/2002: »Wie wärs mit fünf Millionen für die CDU?«). Das Geld sei im Zusammenhang mit der Vergabe von Fördergeldern geflossen. Danach bekam Rittinghaus vom Land 29 Millionen Mark Beihilfe zur Übernahme der Chipfabrik ZMD - im Gegenzug sollte er sich spendabel zeigen. Tatsächlich finanziert die SAG mit rund drei Millionen Mark die Kampagne fast allein. Die sächsische Regierung unter dem heutigen Ministerpräsidenten Georg Milbradt sowie der ehmalige Wirtschaftsminister Kajo Schommer bestreiten diese Art der Kampagnen-Finanzierung. Schommer legte dazu inzwischen eine eidesstattliche Versicherung vor.

Die Oppositionsparteien SPD und PDS wollen nun in einem Untersuchungsausschuss klären, ob die »Sachsen für Sachsen«-Reklame mit Beteiligung der Landesregierung organisiert wurde und woher die Millionen dafür stammten.

Biedenkopf »sehr wohl involviert«
Schon bevor die Organisatoren und Macher der Kampagne unter Eid vor dem Ausschuss aussagen müssen, packte nun Bilges als Erster aus. Er offenbart, wie die damalige Regierung die Inhalte der Kampagne mitgesteuert hat. Dem stern erzählte der PR-Mann, was hinter den Kulissen geschah. Bei »Sachsen für Sachsen«, so Bilges, sei Biedenkopf sehr wohl involviert gewesen: »Die Kampagne hatte das Ziel, deutlich zu machen, was die Landesregierung in Sachsen innerhalb von 10 Jahren erreicht hat.« Nicht nur das: Er, Bilges, habe Biedenkopf in »zwei bis drei Telefonaten und einer persönlichen Begegnung« stets über die Aktion unterrichtet. Auch der damalige Sprecher der Staatskanzlei, Michael Sagurna, sei bei Treffen dabei gewesen.

Zum Beispiel am Spätnachmittag des 2. März 1999 in den Räumen der Staatskanzlei. Sagurna hörte dabei nicht nur interessiert zu, er mischte auch tatkräftig mit. Bilges: »Sagurna hat uns Tipps gegeben, wer die Kampagne mittragen könnte und entsprechend Türen geöffnet.« Auch Wirtschaftsminister Schommer habe sich am 17. Februar 1999 über die Aktion informieren lassen.

Biedenkopf, vom stern schon vor drei Wochen zu der Kampagne befragt, antwortete, die Aktion »Sachsen für Sachsen« sei eine Initiative von Unternehmern und Bürgern gewesen: »Mir sind weder Hintergründe noch Art der Finanzierung bekannt.« Sagurna wiederum erklärte, er habe sich eingemischt, um darauf zu achten, dass »nichts für die Partei und auch kein Wahlkampf gemacht wurde«.

Die Herren werden diese Version wohl bald unter Eid vor dem Untersuchungsausschuss wiederholen müssen.

(Richard Rickelmann/ Johannes Röhrig)

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