Karl Nolle, MdL

DNN/Dresdner Neueste Nachrichten, 29.04.2003

Giesen wirft Rektor "Zersetzungsplan" vor

Offizielle Beanstandung des sächsischen Datenschutzbeauftragten
 
Dresden. Der scheidende Rektor der TU Dresden, Prof. Achim Mehlhorn, gerät schwer unter Druck. Sein Vorgehen in der Krise um das Dresdner Herzzentrum im Jahr 2000 hat dem Uni-Chef jetzt eine offizielle Beanstandung des sächsischen Datenschutzbeauftragten, Thomas Giesen, eingebracht. Sachsens oberster Datenschützer geht dabei auch in seiner Wortwahl äußerst scharf gegen Mehlhorn vor.

Der TU-Rektor sei in einem Schreiben an den damaligen Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer (CDU) "rechtswidrig" mit personenbezogenen Daten des TU-Professors Stephan Schüler umgegangen. Schüler war ärztlicher Direktor des mit einer komplizierten Vereinskonstruktion betriebenen Herzzentrums, das später in die Insolvenz ging. Mehlhorn war Aufsichtsratsmitglied und Meyer Vorsitzender dieses Gremiums.

In seinem Schreiben hatte Mehlhorn den Minister aufgefordert, gegen seinen Landesbeamten disziplinarische Schritte einzuleiten. Dabei sollte man lieber zuweit gehen, als zu zaghaft sein, wurde Mehlhorn zitiert. Es sollten alle Möglichkeiten geprüft werden, Schüler als Hochschullehrer zu beurlauben und ihm den Professorentitel abzuerkennen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle machte dieses Schreiben bekannt, dann nahm sich der Datenschutzbeauftragte der Sache an.

Nach Giesens Angaben stellt Mehlhorn mit dem Schreiben fest, dass Schüler die Interessen des Rektors und des Ministers im Verein störe. Da davon auszugehen sei, das der Rektor die Umsetzung "seiner offen rechtswidrigen Vorschläge" erwartete, habe eine "schwere Gefahr für das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen" bestanden, meint Giesen. Der Datenschutzbeauftragte bezeichnet Mehlhorns Brief als "Zersetzungsplan des Rektors". Eine Vokabel, die Parallelen zum Vorgehen der Stasi suggeriert.

Der Plan beruhte laut Giesen nicht auf Schülers eventuellem beamtenrechtlichen Fehlverhalten, sondern auf der Verärgerung über eine angebliche vereinsinterne Aktivität. Giesen ließ offen, ob der Fall auch einen schweren Amtsmissbrauch darstellt, "nämlich durch eine zweckwidrige Nutzung dienstlicher Datenverarbeitungsbefugnisse zu Zwecken eines Vereins und zur Lösung der dortigen Querelen". Ihm, Giesen, stehe es lediglich zu, den Vorgang datenschutzrechtlich zu würdigen. Es sei jedoch ein "grober und menschenrechtswidriger Verstoß" gegen das Beamtenrecht, Informationen über Vorwürfe gegen einen Beamten "heimlich" zu sammeln und schwerwiegende Schritte gegen ihn zu planen, ohne ihn zu den Vorwürfen anzuhören.

Giesen fordert jetzt das Wissenschaftsministerium auf zu prüfen, ob Mehlhorns Schreiben für das später gegen Schüler eingeleitete Disziplinarverfahren nachweislich ohne Einfluss war. Anderenfalls bliebe das rechtswidrige Vorgehen des Rektors auch für das Disziplinarverfahren nicht ohne Folgen. Mehlhorn soll nun die leitenden Gremien der Uni über die Beanstandung informieren und Giesen bis 15. Mai darüber in Kenntnis setzen. Die Uni will die Beanstandung zunächst rechtlich prüfen, hieß es auf DNN-Anfrage. Auch das Wissenschaftsministerium äußerte sich nicht.

Dietmar Pellmann von der PDS-Landtagfraktion erwartet nun von der Staatsregierung, dass sie ein Disziplinarverfahren gegen Mehlhorn einleitet. Karl Nolle will gegen die Regierung vor dem Verfassungsgericht klagen, weil ihm die Staatsregierung seine kleinen Anfragen wahrheitswidrig beantwortet habe. Giesens Beanstandung sei Beleg dafür.
(Ingolf Pleil)

Karl Nolle im Webseitentest
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