Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 04.06.2003

Begünstigte Hanglage

Wie Sachsens Sozialministerin Fluthilfe bekam, die anderen versagt wurde
 
Am Tag als der große Regen kam und in Sachsen im vergangenen August die Jahrhundertflut auslöste, kamen auch Häuser zu Schaden, die nicht direkt von der Flut betroffen waren. Denn die sintflutartigen Regenfälle spülten im Erzgebirge in Häuser mit Hanglage hinein. Zu den davon Betroffenen zählte auch die sächsische Sozialministerin Christine Weber (CDU). In ihrem Privathaus in Zschopau, direkt am Hang, drangen Wassermassen in die Einliegerwohnung ein. Weber stellte gut zwei Monate nach dem Hochwasser einen Antrag auf Aufbauhilfe für ihr Domizil. Die Ministerin erhielt schnell und unbürokratisch Hilfe – während andere Betroffene in ähnlicher Lage später leer ausgingen.

Nur zwei Tage, nach dem positiven Bescheid für die Ministerin erging ein Erlass des Innenministeriums, mit dem klargestellt wurde, dass „Schäden durch Hangwasser“ nicht förderfähig sind. Mittlerweile steht fest, dass schon zuvor die Rechtslage als unklar bewertet wurde. Nicht nur dieser Umstand hat heftige Diskussionen in Dresden darüber ausgelöst, ob die Ministerin die Fördergelder in Höhe von insgesamt 17349 Euro zu Recht erhielt und im Umgang mit der Fluthilfe politisches Feingefühl bewies. Die Opposition fordert ihren Rücktritt.

Weber hat einstweilen den Innenminister um Klärung gebeten. Ihr Kabinettskollege Horst Rasch legte nun am Dienstag sein Ergebnis vor, wonach Webers Antrag nicht bevorzugt bearbeitet wurde und ihre Förderung rechtens war. Ein Rücktritt sei deshalb nicht erforderlich, erklärte Regierungssprecher Christian Striefler.

Doch der Bericht des Innenministers ließ zentrale Fragen offen. Nach Raschs Darstellung beantragte Weber ihre Aufbauhilfe am 1. Oktober 2002. Ausdrücklich gab sie in ihrem Antrag an, dass es sich um einen „Schaden um Hangwasser“ handelte. Am 4. Oktober informierte das Innenministerium die damals für die Aufbauhilfen zuständige Sächsische Aufbaubank (SAB), darüber, dass noch beraten werde, bei welchen Schäden Hilfe zu zahlen sei und bat, „diese Klärung abzuwarten“. Dies bezog sich offenbar gerade auf so genannte „Schäden durch Hangwasser“. Webers Antrag und einige weitere wurden dennoch positiv beschieden.

Aus heutiger Sicht „war das vermutlich ein Fehler“, sagt SAB-Chef Jochen von Seckendorff. Kurz darauf folgte der Erlass, demzufolge ähnlich Betroffene keine Hilfe bekamen. Die Ministerin erhielt zuerst 10000 Euro und beantragte im April 2003 in einem Ergänzungsantrag weitere Hilfe. Inzwischen war auch im Kabinett über die Förderung gesprochen worden. Weber hätte womöglich wissen können, dass derartige Schäden in der Regel nicht kompensiert wurden. Freilich erhielt sie am 23. April die restlichen 7344 Euro. Weber selbst wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern, will aber nun das Geld zurückzahlen.
(Jens Schneider)

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