Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 04.06.2003

Den Unwettern folgte ein Geldregen für Ministerin Weber

Sächsische Politikerin will auf zweifelhafte Art kassierte Fluthilfe zurückzahlen, fühlt sich aber moralisch im Recht
 
Christine Weber, die sächsische Sozialministerin, hätte wahrscheinlich nicht den Ärger, den sie im Moment hat, wäre sie nicht so rasend unbeliebt. In der sächsischen CDU, in der Landtagsfraktion, im Erzgebirge, ihrer Heimat, und besonders in ihrem Ministerium, wo man sie für arbeitsscheu und zickig hält - keiner mag Christine Weber. Und weil das so ist, gibt auch kein Mensch Ehrenerklärungen für die 54-jährige CDU-Politikerin ab.

Die hätte sie nötig. Weber hat etwas gemacht, das rechtlich gerade noch einwandfrei ist, in Regierungskreisen aber als "mindestens unsensibel" gilt. Im August vergangenen Jahres, als Unwetter über dem Erzgebirge tobten und sich zur Jahrtausendflut auswuchsen, da floss eine Menge Regenwasser den Berg hinunter in das Haus der Ministerin in Zschopau. In den Wochen danach, als es um die Regeln der Schadensabwicklung ging, machte sich Sachsen bundesweit dafür stark, Regenwasserschäden nicht zu begleichen. Man wollte den Milliarden schweren Geldtopf nicht über Gebühr mit den Bayern teilen, die im Gegensatz zu Sachsen viele Schadensfälle durch abfließendes Regenwasser, so genanntes Hangwasser, zu beklagen hatten. Weil es damals noch keine verbindliche Regelung gab, genehmigten die Sachsen dennoch solche Schadensfälle, obwohl in der Landesregierung und in der Sächsischen Aufbaubank, die die Geschäfte abwickelte, bekannt war, dass bald damit Schluss sein würde. Am 23. Oktober, zwei Tage bevor das Dresdner Innenministerium die Hangwasserschäden aus der Regulierung nahm, bekam Ministerin Weber eine Zusage über 10 005 Euro. Im April 2003, ein halbes Jahr nach Ende der Genehmigungszeit, beantragte sie weitere 7344 Euro und bekam das Geld auch.

"Wo gehobelt wird, da fallen Späne", sagte der Chef der Aufbaubank, Jochen Freiherr von Seckendorff am Dienstag in Dresden. Man solle sich erinnern: Schnelligkeit sei vor Genauigkeit gegangen, 56 000 Anträge auf Schadensregulierung seien bearbeitet worden, wozu 100 Hilfskräfte eingestellt wurden und man Tag und Nacht gerackert habe. Außerdem habe es einige vergleichbare Fälle in Zschopau gegeben, in denen auch ausgezahlt wurde. "Es war klar, dass Fehler gemacht wurden. Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein."

Dass ausgerechnet Christine Weber jetzt Steine abbekommt, ist kein Zufall, sondern liegt daran, dass es so viele Menschen um sie herum gibt, die sie nicht mögen. Die gelernte Zahnarzthelferin gilt in ihrem Ministerium als Totalausfall, die Amtsgeschäfte leitet ein Staatssekretär, der aus dem Ruhestand reaktiviert werden musste. Was sie selbst den ganzen Tag macht, weiß kein Mensch. "Die Zahl ihrer Feinde erhöht sich täglich im Quadrat", sagt ein CDU-Mann. Zur Kabinettspressekonferenz, auf der ihr Fall behandelt wurde, erschien Weber nicht. Später sagte sie dem MDR, sie fühle sich moralisch im Recht, werde aber das Geld zurückzahlen.
(Bernhard Honnigfort)

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