Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 17.06.2003

Der Fall Weber und der menschliche Anstand

Staatssekretär Albin Nees als Nachfolger im Gespräch
 
Der Zustand von Sachsens Sozialministerin Christine Weber (CDU) ist kritischer als bisher bekannt. Ihr behandelnder Arzt teilte gestern mit, dass die 54-jährige nach ihrem schweren Nervenzusammenbruch „akut suizidgefährdet“ ist. Zudem bestätigte er, dass Weber langfristig „psychiatrisch-psychotherapeutisch“ behandelt werden müsse.

Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) reagierte betroffen. Er hoffe auf eine baldige Genesung seiner Kabinettskollegin, äußerte sich aber nicht zu einem möglichen Ausscheiden der Ministerin aus dem Kabinett. Er wolle so schnell wie möglich ein persönliches Gespräch mit Frau Weber führen.

In den Parteien wird der Fall unterdessen strittig diskutiert. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Klaus Leroff, warnte alle Mitglieder seiner Fraktion vor einer übereilten Personaldebatte. „Es geht hier um menschlichen Anstand. Ich werde jedem mächtig auf die Finger klopfen, der jetzt ein Ausscheiden der Ministerin aus dem Kabinett fordert.“ Gegen eine Ablösung sprach sich auch Thomas Hermsdorfer, CDU-Abgeordneter und Parteichef in Chemnitz aus. Für Weber müsse es eine Rückkehr-Garantie wie für jeden erkrankten Arbeitnehmer geben. Ähnlich äußerte sich Tassilo Lenk, Landrat und CDU-Kreischef im Vogtland.

Der Chef der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Jurk, forderte Milbradt unterdessen auf, die seit Wochen wegen der umstritten Inanspruchnahme von Fluthilfegeldern in der Kritik stehende Ministerin abzulösen. Auch PDS-Fraktionschef Peter Porsch drängte auf eine unverzügliche Entscheidung.

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle erklärte dagegen zurückhaltend, er gehe davon aus, dass Milbradt die Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung auf jeden Fall sichert.

Als Übergangslösung wird weiter Webers Staatssekretär Albin Nees das Ministerium führen. Er wird auch als erster Anwärter genannt, falls eine Neubesetzung des Ministeramts nötig wird. Als weitere Alternative, aber mit geringeren Aussichten, gilt die Leipziger CDU-Abgeordnete Christine Clauß.
(Gunnar Saft)

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