Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa-/sn, 14:32 Uhr, 20.06.2003

Opposition verlangt Kabinettsumbildung - Milbradt hält dagegen

 
Dresden (dpa/sn) - Die Opposition hat Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) am Freitag zu einer sofortigen Kabinettsumbildung aufgefordert. Redner von PDS und SPD warfen der CDU-Regierung wiederholt Versagen, Stillstand und Inkompetenz vor. Milbradt nutzte seine Erwiderung vor allem für eine scharfe Kritik an den Streiks in der sächsischen Metallindustrie und warnte vor Schaden für den Aufbau des Landes. Er hielt der Opposition vor, sie wolle mit der Debatte um die Regierung von ihrem eigenen Unvermögen ablenken.

Die Debatte war in der vergangenen Woche unter dem Eindruck der Vorwürfe gegen die inzwischen zurückgetretene Sozialministerin Christine Weber von der PDS beantragt worden. Neben Weber standen vor allem Innenminister Horst Rasch, Wirtschaftsminister Martin Gillo, Bildungsminister Karl Mannsfeld sowie Wissenschaftsminister Matthias Rößler im Blickpunkt der Oppositionskritik.

In der Debatte machten PDS und SPD klar, dass es ihnen im Fall von Christine Weber nicht um ein Nachtreten gegen die erkrankte Politikerin gehe. Sie habe schon vor ihrer Krankheit ihr Ministerium nur unzureichend geführt. Zudem warf die Opposition, die mehrfach die Entlassung der Ministerin gefordert hatte, Milbradt viel zu langes Zögern im Fall Weber vor. Der Regierungschef verwahrte sich dagegen: «Für mich hat menschlicher Anstand Priorität», sagte er zum Umgang mit den Vorwürfen gegen die frühere Ministerin. Er habe sich bemüht, mit Weber fair umzugehen.

PDS-Fraktionschef Peter Porsch sagte Richtung Regierungschef: «Seien Sie doch endlich mutig. Schaffen Sie sich ein Kabinett, das die Dinge wenigstens ordentlich verwalten kann.» Impulse für die Zukunft des Landes erwarte von einer CDU-Staatsregierung ohnehin kaum noch jemand im Lande. Der Fall Weber sei nur Anlass für die Debatte. Die Ursachen für «die schwindende Leistungsfähigkeit des Kabinetts» lägen weiter zurück.

SPD-Fraktionschef Thomas Jurk sagte, die Legislaturperiode zwischen 1999 und 2004 werde in die Geschichte Sachsens als verlorene Regierungszeit eingehen. Politische Projekte seien nicht vom Fleck gekommen, es fehle an Visionen. Das liege auch an dem von Milbradt vor einem Jahr gebildeten Kabinett, da es nicht nach den Kriterien der fachlichen Eignung, sondern nach parteitaktischem Kalkül zusammen gesetzt sei. Das Ergebnis sei eine Flickschusterei von Abhängigkeiten. «Wollen Sie mit dieser Truppe wirklich noch die verbleibenden 456 Tage regieren?», fragte Jurk.

CDU-Fraktionschef Fritz Hähle nannte die Ausführungen seiner Vorredner vor allem mit Blick auf Weber geschmacklos. Zum Glück werde die Leistungsfähigkeit von Regierungen regelmäßig bei Wahlen bewertet. «Da hat die CDU seit 1990 wahrlich nicht schlecht abgeschnitten», sagte Hähle.

Milbradt wies die Vorwürfe gegen sein Kabinett nur kurz zurück. Er hielt der Opposition vielmehr vor, das Geleistete in seiner zurückliegenden Amtszeit auszublenden. Der Regierungschef verwies unter anderem auf den Wiederaufbau nach der Hochwasserkatastrophe und erfolgreiche Unternehmensansiedlungen. In diesem Zusammenhang warnte er vor gravierenden Auswirkungen des Metallerstreiks auf den Aufbau Ost. «Das, was im Augenblick abläuft in der sächsischen Metallindustrie, könnte der Anfang vom Ende unseres Aufbauprozesses hier sein.»
dpa st yysn bd

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