Agenturen dpa/sn, 16:20 Uhr, 20.07.2003
Wirtschaftsminister Rehberger und Gillo gegen Einschnitte bei Ost-Förderung
SPD-Abgeordneter Nolle warnt vor Gillos Kürzungen der Wirtschaftsförderung in Sachsen
Dresden/Magdeburg (dpa) - Die Wirtschaftsminister von Sachsen
und Sachsen-Anhalt haben sich gegen Einschnitte bei der Investitionsförderung Ost ausgesprochen. Abstriche an der Förderung durch Bund und Länder würde die Wirtschaftskraft in den neuen Ländern schwächen, sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU). Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) verlangte eine Beibehaltung der besonderen Investitionsförderung bis 2008. Der SPD-Landtagsabgeordnete
Karl Nolle warnte am Sonntag jedoch davor, dass Gillo Kürzungen bei der Wirtschaftsförderung in Sachsen vorhabe.
«Angesichts der geringen Ausstattung mit Eigenkapital sind gerade Ost-Unternehmen auf diesen finanziellen Anschub angewiesen», sagte Gillo der dpa in Dresden. Gerade die Erfahrungen bei der Bekämpfung der Folgen des Hochwassers vom vergangenen Jahr hätten gezeigt, dass die Betriebe über zu wenig Eigenkapital verfügten. Für ein auf die Zukunft gerichtetes unternehmerisches Konzept sei ausreichendes Eigenkapital aber Voraussetzung. «Die Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der regionalen Wirtschaft und die Investitionszulage helfen entscheidend weiter», sagte der Wirtschaftsminister. «Investitionen und Innovationen sind dadurch oftmals erst möglich.»
Rehberger zufolge wären Einschnitte angesichts des immer noch bestehenden Nachholbedarfs in den neuen Ländern eine fatale Fehlentscheidung. Zwar sollte es keine unbefristete Sonderregelung für den Osten geben. «Aber bis 2008 sollte die bisherige Förderung schon weiterlaufen», sagte Rehberger der dpa in Magdeburg. Auch er verwies auf die geringe Eigenkapitaldecke im Osten. Zudem liege die Arbeitsproduktivität in den neuen Ländern im Durchschnitt erst bei 71 Prozent des Westniveaus. Der Anteil der in der Industrie Beschäftigten liege im Osten bei 68 Prozent des vergleichbaren West- Wertes. «Das hat gravierende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt», betonte Rehberger. Ostweit fehlten so über 700.000 Arbeitsplätze.
Bislang könnten kleine und mittelständische Unternehmen eine Förderung von 50 und große Firmen von 35 Prozent erwarten. «Das ist in den Gesprächen mit ansiedlungswilligen Investoren ein wichtiges Argument», sagte Rehberger. «Es gibt eine beachtliche Anzahl von Fällen, wo ohne Investitionsförderung keine Investition in Ostdeutschland erfolgt wäre.» So halte er es beispielsweise für wenig wahrscheinlich, dass BMW ohne Förderung eine Entscheidung für die neuen Länder getroffen hätte, sagte Rehberger mit Blick auf die BMW- Ansiedlung in Leipzig.
Nach Auffassung des SPD-Landtagsabgeordneten
Karl Nolle plant Gillo im eigenen Land Kürzungen bei der Wirtschaftsförderung. Angesichts der geringen Steuereinnahmen sollen unter anderem die Liquiditätshilfen für in Not geratene Unternehmen und die Förderung von Existenzgründungen halbiert werden, erklärte Nolle und bezog sich auf Aussagen Gillos vor dem Wirtschaftsausschuss des Landtags. «Wenn Gillo bei den Unternehmen spart, sägt er an dem Ast, auf dem wir alle sitzen», warnte Nolle.
Die jetzt vorgesehene Absenkung der Fördermittel im Jahr 2005 auf 75 und 2006 auf 50 Prozent ist nach Aussage Gillos auch mit Blick auf die osteuropäischen EU-Beitrittsländer ein Problem. «Diese Konkurrenzsituation darf man nicht übersehen», betonte der Wirtschaftsminister. Die Verringerung der Förderung wäre «eine Ermunterung, Investitionen nicht in Ostdeutschland, sondern weiter östlich durchzuführen.»
Die Hilfe für die Wirtschaft im Osten sei sicher ein längerfristiges Problem, sagte Gillo. Dabei seien Fördermittel bisher von entscheidender Bedeutung gewesen. Wenn der Umfang der Förderungen reduziert werde, müssten andere Wege gesucht werden. «Dann muss es andere Anreize für die Unternehmer geben», sagte Gillo. Er verwies auf den von Sachsen und Bayern vergangene Woche in den Bundesrat eingebrachten Vorschlag zur Reform des Arbeitsrechtes. «Der Unternehmer muss von administrativen Regeln befreit werden», sagte Gillo. «Wir brauchen eine Unternehmensrecht "light".»
dpa gö/gj yysn st/gr