Dresdner Morgenpost, Seite 7, 09.08.2003
Freibäder: Rathaus kassiert Babys ab
„Puller“-Eintritt für die Kleinsten
Die Sonne brennt gnadenlos, ganz Dresden zieht es jetzt in die Freibäder - und die kassieren ordentlich ab. Kaum zu glauben: Selbst mit Säuglingen und Babys macht das Rathaus Geschäfte. Bei Kindern nehmen die städtischen Bäder von Geburt an Eintritt. Dagegen laufen nun Eltern Sturm.
Als Antje Lames (39) gestern mit ihrem Mann Peter (39) und ihren vier Kindern ins Freibad Bühlau
ging, traute sie ihren Augen kaum: Sohn Konrad, gerade mal fünf Monate jung, sollte 1,50 Euro Eintritt zahlen. „Eine Frechheit", schimpfte die Mutter, Richterin am Amtsgericht. Konrad brauche nichts weiter als einen Schattenplatz auf der Wiese. Doch an der Kasse gab's kein Erbarmen. Im Gegensatz zu Leipzig und Chemnitz, wo Kinder bis zu drei Jahren gratis baden, verlangt die Dresdner Gebührenordnung selbst bei Säuglingen Eintritt: 1,50 Euro von O bis 16.
„Kinder sind halt nicht ganz dicht", verteidigt Joachim Krumpolt (50), Abteilungsleiter Bäder/Camping im Dresdner Rathaus. Krumpolt führt den „riesigen Pflegeaufwand für Kinderplanschbecken" an. Die Kleinen würden öfter als Andere ins Wasser pullern, die Reinigung müsse schließlich bezahlt werden. Seltsam nur: Den „Puller-Eintritt" für Kleinkinder muss man selbst in Freibädern wie im Waldbad Weixdorf zahlen, wo es gar kein Planschbecken gibt. Kumpolt: „So steht's in der Gebührenordnung. In solchen Fällen empfehlen wir den Kassiererinnen aber, ein Auge zuzudrücken."
Ein teurer Spaß ist auch der Besuch im Dresdner Georg-Arnhold-Bad. Dort verlangt die Stadt von Erwachsenen 4,50 Euro (also etwa 9 Mark) - für 2 Stunden Baden. Begründung: „Das ist ein Erlebnisbad", so Bäderchef Krumpolt. Mag sein. Aber: Eine vergleichbare Badeeinrichtung in Leipzig (Naturbad Schönefeld) kostet nur drei Euro - und das für den ganzen Tag.
Selbstredend, dass auch im Dresdner „Arnhold" schon die Kleinsten bezahlen müssen: Stolze 2,50 Euro für zwei Stunden. Ir Chemnitz dagegen sind selbst „Erlebnisbäder" für Kinder bis 3 Jahre frei - und kosten für Älter( (bis 16) maximal 1,80 Euro - füg den ganzen Tag.
Dresdner Eltern wollen sich di( Abzocke nicht länger bieten lassen. Im Rathaus gehen Imme: mehr Protestbriefe ein. „Auch Dresden muss sich endlich dazu bekennen, eine familien- und kinderfreundliche Stadt zu sein" fordert Familienvater Peter Lames (39).
(dap)