Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, Seite 2, 24.08.2003

Streit über Korruptionsgesetz in Sachsen

SPD fordert Erstellung einer Liste von fragwürdigen Firmen - Vorwürfe gegen Regierungspräsidium
 
NIEDERWÜRSCHNITZ/DRESDEN. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Gisela Schwarz, hat ihre Forderung erneuert, in Sachsen ein Anti-Korruptions-Gesetz zu schaffen. „Wir können noch immer nicht erkennen, dass sich die CDU-Mehrheit im Landtag in dieser Frage bewegt", sagte sie am Donnerstagabend auf einer Veranstaltung zum Thema „Politik und Filz" in Niederwürschnitz, auf der unter anderem über die Vorwürfe gegen den Landrat von Stollberg, Udo Hertwich (CDU), gesprochen wurde. Gegen Hertwich ermitteln das Regierungspräsidium und die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Vorteilsnahme im Amt.

Schwerpunkt des von der SPD geforderten Gesetzes ist die Einführung eines Anti-Korruptions-Registers, das Firmen aufführt, die nachweislich geschmiert haben. Solche Firmen müssten dann für zwei Jahre von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden, so Schwarz.

Innenminister Horst Rasch (CDU) lehnte den Entwurf der SPD ab und verwies auf eine Verwaltungsvorschrift der Staatsregierung, die detaillierte Vorschläge zur präventiven Korruptionsbekämpfung enthält. Danach sollen besonders korruptionsgefährdete Bereiche wie etwa Bauämter einer intensiveren Aufsicht unterstellt werden. In diesen Bereichen müsse Teamarbeit vorherrschen, sodass Vorgänge von mehreren Mitarbeitern bearbeitet würden, die sich dann gegenseitig kontrollierten. Darüber hinaus gebe es einen Verhaltenskodex, der den Mitarbeitern dabei helfe, gefährliche Situationen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Nach Ansicht von Karl Nolle, dem wirtschaftspolitischen Sprecher, der SPD im Landtag, werden Kommunalpolitiker in Sachsen zu wenig kontrolliert. Es sei im Freistaat „ganz normal, wenn Fehler eines Bürgermeisters oder eines Landrats durch keine Instanz der Rechtsaufsicht geahndet werden", erklärte Nolle in einer überspitzten Formulierung. Konkrete Kritik am Regierungspräsidium Chemnitz, das in einem Disziplinarverfahren gegen Hertwich ermittelt, kam von dem Fraktionsvorsitzenden der SPD im Stollberger Kreistag, Rolf Höfer. Höfer äußerte den Verdacht, dass das Regierungspräsidium nicht intensiv genug ermitteln würde.

Die Behörde wehrte sich gestern vehement gegen diesen Vorwurf. Sprecher Olaf Weiß: „Unsinn - natürlich ermittelt unsere Untersuchungsführerin weiter, und zwar so schnell wie möglich.„ Falls die Staatsanwaltschaft jedoch Anklage erheben würde, müsste - entsprechend der Sächsischen Disziplinarordnung - das Verfahren des Regierungspräsidiums ruhen.
(von Johannes Fischer)

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