Sächsische Zeitung, 04.09.2003
SPD-Nolle freut sich auf „Ritterschlag“ im Landtag
CDU macht Oppositionspolitiker zum Debattenthema
„Jetzt sind die völlig durchgeknallt.“
Karl Nolle klingt zufrieden, wenn er darüber spricht, dass die CDU-Mehrheitsfraktion im Landtag erstmals einen einzelnen Oppositionsabgeordneten zum Thema einer aktuellen Debatte machen will.
Anlass für das ungewöhnliche Ansinnen ist ein Auftritt Nolles als SPD-Landtagsabgeordneter auf einer Bürgerveranstaltung in Stollberg. Dort wies er darauf hin, dass die Stadt möglicherweise zu Unrecht Grundstücke an die Firmen VW und Siemens verkauft habe, da sie nicht Eigentümer der Flächen gewesen war. Bei der CDU sieht man allein dadurch 700 Arbeitsplätze in Gefahr, die die Unternehmen vor Ort schaffen wollen, und beantragte für Freitag kommender Woche eine Debatte im Parlament: „Die negativen Auswirkungen der Kampagnen eines SPD-Abgeordneten auf Firmenansiedlungen im Landkreis Stollberg.“ Der 120 Kilogramm schwere Nolle, dessen Bekanntheitsgrad durch zum Teil derbe politische Attacken unaufhörlich steigt, freut sich bereits über Gebühr. „Das ist mein Ritterschlag – und ausgerechnet durch die CDU.“
Tatsächlich ist die Attacke unter den Unions-Abgeordneten äußerst umstritten. Nur knapp setzten sich im Vorfeld die Befürworter gegen viele Zweifler durch, die befürchten, dass Nolle durch ein solches öffentliches Schauspiel im Landtag nur profitiert. Dem käme eine solche Wendung auch sehr entgegen, denn Nolles Ruf als erfolgreicher Kämpfer für Gerechtigkeit hat zuletzt etwas gelitten. Alle Strafanzeigen, die er in den vergangenen Jahren vorrangig gegen Sachsens Regierungsmitglieder stellte, blieben ohne Wirkung. Die Justiz stellte die Nachforschungen meist schon nach kurzer Prüfung der Vorwürfe ein.
(Von Gunnar Saft)