Wirtschaftsjournal - Das sächsiche Wirtschaftsmagazin - 09/2003, 14.09.2003
Kampf dem Filz und der Bananenrepublik
Kommentar von Randolf Hildebrandt
Karl Nolle, SPD Abgeordneter im sächsischen Landtag, der, wie er selbst sagt „Pfahl im Fleisch der sächsischen CDU" ist, wies in einem Bürgerforum in Zschopau auf die Verflechtung und den Filz, die Korruption und die sich über Anstand und Gesetz hinwegsetzenden Auswüchse in sächsischen Landen hin. Da war von mehrfach gewendeten Politikern, von Fälschung der eigenen Vita, von Arroganz der Macht und von hemmungsloser Selbstbedienung durch Landes- und Kommunalpolitiker die Rede. Und er nannte Ross und Reiter. Stadtverwaltungen und deren führende Repräsentanten von Zschopau, über Crimmitschau, Stollberg (Landrat) bis hin zu Zwickau, die Stadt Dresden und die Landesregierung sind Beispiele, die menschliche aber auch systembedingte Schwächen augenscheinlich zeigen.
Sind wir auf dem Weg oder schon mitten drin in der ach so bekannten Bananenrepublik, wo nur persönlieher Vorteil und Seilschaften zählen?
Karl Nolle hat es auf den Punkt gebracht. Indem er es als eine wichtige Aufgabe der jeweiligen Opposition sieht, dass Kontrolle und beharrliches Nachharken im Parlament, aber auch eine kritische und unabhängige Presse sowie Mut, Wachsamkeit, Verantwortung und Bürgersinn von jedem von uns erforderlich sind. um nicht dahin zu gelangen. Fordern wir es aber auch ein. Denn die Folgen sind von uns allen zu tragen und sie kosten richtig Geld, unser aller Geld.
Aktuelle Beispiele belegen, dass solche undemokratischen Zustände durch eine doch zuweilen allzu willfährige Öffentlichkeit gefördert werden. Die besondere Verantwortung einer freien Presselandschaft, kann und muss Unregelmäßigkeiten, Amtsmissbrauch, Filz und Korruption schonungslos und ohne Ansehen der Personen und Parteien aufdecken und durch ihre Öffentlichkeit Einhalt, Aufklärung und Konsequenzen einfordern. Die zu beobachtende allgemeine Politikverdrossenheit, die zunehmende Wahlverweigerung hat auch darin eine nicht unerhebliche Ursache.
Gerade wir im Osten kennen aus unserer nicht allzu fernen Vergangenheit dieses sich innerliche Lösen von Staat und Regierung und die fatalen gesellschaftlichen Folgen. Wenn der mündige Bürger nicht spürt, dass sich Politik auf die Lösung aufgelaufener gesellschaftlicher Probleme orientiert und für unsere Zukunftssicherung die Weichen stellt, sondern nur den Machterhalt für eine nächste Wahlperiode im Auge hat, dann werden wir aus unserer „Rote- Laterne-Position" nicht herauskommen.