Sächsische Zeitung, 25.10.2003
Gebrauchtwagen, Prämien, Ölschinken
Sächsisch betrachtet von Andreas Novak
ETWAS langweilig muss es ihm mittlerweile sein, dem Chefaufklärer der SPD-Fraktion. Irgendwie scheinen
Karl Nolle die Minister im Freistaat zu brav geworden zu sein, so dass er jetzt mit ungewöhnlichen Strategien versucht, die Kabinettsmitglieder aufs Glatteis zu führen. So versuchte er jüngst, Justizminister Thomas de Maizière (CDU) indirekt eine neue Karriere als Gebrauchtwagenhändler schmackhaft zu machen.
Auf eine Frage Nolles, ob er nicht etwa „arglistig“ eine Tatsachenbehauptung aufgestellt habe, antwortete dieser, der Begriff der „Arglist“ sei von der Rechtsprechung „vor allem im Bereich des Gebrauchtwagenkaufs entwickelt“ worden. Bleibt nur eine Frage offen, die als scherzhafter Gradmesser für Seriosität gilt: Würden Sie dem Justizminister einen Gebrauchtwagen abkaufen?
KEINEN neuen Job wollte Nolle Innenminister Horst Rasch (CDU) andrehen. In diesem Falle hat er wieder eine neue Masche, einen Widersacher loszuwerden: loben, loben, loben. Ob denn der Herr Minister wie 65 andere Landesbedienstete für seine „herausragenden Leistungen“ (O-Ton Nolle) während der Flut eine Prämie bekommen habe, fragte Nolle die Staatskanzlei.
Die niederschmetternde Antwort: Für Gehaltsgruppen wie die von Rasch seien in der zu Grunde liegenden Verordnung die Leistungsprämien nicht vorgesehen. Ob Nolle sich jetzt für eine Änderung dieser Richtlinie stark machen oder gar privat für Rasch sammeln will, ist indes nicht bekannt.
UNTERDESSEN hat Nolles sächsische Spitzengenossin, Constanze Krehl, ihre Problemchen mit anderen Politikern. Speziell mit einem aus den eigenen Reihen, der obendrein bereits verstorben ist. Im Wermsdorfer Schlossmuseum verstaubt einem Zeitungsbericht zufolge unbeachtet eine August-Bebel-Büste, ein Bildnis des Ur-Sozialdemokraten wurde gar schnöde auf den Museumsboden verbracht. Um Hilfe angefleht, ließ Krehl ausrichten, „angesichts knapper Gelder“ wisse sie nicht, was man für Staubfänger Bebel tun könne.
Vielleicht kann sich Frau Krehl nur deshalb die dem sozialdemokratischen Erbe zugefügte Schmach nicht vorstellen, weil ihrem Andenken Gleiches nicht zu drohen scheint. Zumindest sieht es in der sächsischen SPD zurzeit nicht so aus, als würde sich irgendjemand für die Aufstellung von Krehl-Büsten oder das Aufhängen von Krehl-Ölschinken interessieren . . .