Freie Presse Chemnitz, 13.12.2003
Krehls Tandem-Vorstellung, Jurk soll Nummer 2 werden
Lucassen appelliert vergeblich an SPD, Zerreißprobe zu vermeiden
DRESDEN. Der Gewerkschaftsboss sorgt sich um den Zusammenhalt seiner Partei. Auslöser ist die Urwahl zur Bestimmung eines Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im September 2004. Am 1. Februar entscheiden die 4750 Mitglieder in rund 2oo Ortsvereinen der SPD, ob Parteivorsitzende Constanze Krehl oder Fraktionsvorsitzender Thomas Jurk gegen Ministerpräsident Georg Milbradt antreten wird. „Unbehagen" empfindet der DGB Chef und Landtagsabgeordnete Lucassen angesichts dieses Duells und macht sich damit zum Sprachrohr vieler Mitglieder, die keinen Wahlkampf für einen Kandidaten und damit den anderen zum Verlierer machen wollen.
In die Not einen internen Wahlkampf zu führen statt sich auf die künftigen Herausforderungen bei den Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen konzentrieren zu können, hat die Absage des Leipziger Oberbürgermeisters Wolfgang Tiefensee die Genossen gestürzt. Krehl und Jurk sind zwangsläufig Notlösungen Aus Sicht von Lucassen könnten sie aber im Doppelpack ein schlagkräftiges Team stellen. „Ein Tandem Constanze und Thomas wäre die richtige Antwort in schwierigen Zeiten, wo wir jeden brauchen", schreibt der fröhliche Rheinländer die Rivalen an und bietet gleichzeitig mit Karl-Heinz Kunckel jenen Mann für ein moderierendes Gespräch an, der die beiden als Ex-Partei- und Fraktionschef in ihre heutigen Ämter gehievt hat.
Vergeblich ist aber die Liebesmühe der Vermittlung. Keck interpretiert Constanze Krehl ihr Verständnis einer Zweierlösung. „Wenn ich die Nummer 1 bin, ist Jurk die Nummer 2, und das ist quasi eine Doppelspitze." Die Parteivorsitzende mit Sitz im Europaparlament beruft sich auf einen Vorstandsbeschluss, der die Urwahl festgelegt hat. „Ich habe mich positioniert, und dabei bleibt es." Krehl hat sich auf ihre neue Aufgabe in Sachsen festgelegt und lässt sich davon auch nicht von Stimmungsbildern irritieren, die Jurk bessere Chancen einräumen. Von einer Präferenz, die ihre Untergeschäftsführer dem Fraktionsvorsitzenden geben, will Krehl nichts wissen.
Umso mehr stützt sich Jurk auf Ergebnisse, wie sie von Donnerstag aus dem Kreisverband Delitzsch-Eilenburg bekannt wurden. Dort bevorzugten die Genossen den gelernten Fernmeldemechaniker Jurk. Auch solcher Ermutigungen wegen will sich der Führer der kleinen Landtagsfraktion nicht auf Kompromisslösungen einlassen. „An der Beschlusslage wird festgehalten", bekräftigt Jurk und nimmt auch mögliche Folgen des Personalstreits hin. „Die Gefahr, dass Personen beschädigt werden, wiegt nicht den Vorteil für die Gesamtpartei auf", meint Jurk, der sich auch durch lebendige Diskussionen auf örtlicher Ebene in der Entscheidung für eine Urwahl bestätigt sieht.
Krehl würde im Falle eines Sieges zum Fraktionsvorsitz greifen. Und Jurk? Konsequent wäre, wenn er für den Fall, von den Mitgliedern auf Platz 1 gesetzt zu werden, auch den Parteivorsitz übernehmen würde. Das würde den Rücktritt von Krehl bedeuten, die in der Bundespartei gut verankert ist. Auf Sachsens SPD kommen muntere Zeiten zu.
(von Hubert Kemper)