Sächsische Zeitung, 23.12.2003
Nolle: Brisante Akten bei der CDU versteckt
Vernehmung Milbradts ohne neue Erkenntnisse
Im Untersuchungsausschuss um die angebliche Verwendung von öffentlichen Mitteln für eine getarnte Wahlkampfaktion der sächsischen CDU hat SPD-Obmann
Karl Nolle neue Vorwürfe erhoben. Demnach sollen Akten der Staatskanzlei, die die umstrittene Imagekampagne „Sachsen für Sachsen“ betreffen, in die Obhut der Landes-CDU überstellt worden sein. Das hielt Nolle gestern in der Zeugenvernehmung Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) vor.
Der Ausschuss, der eine angebliche Verquickung zwischen einer Fördermittelaufstockung zu Gunsten der Sachsenring AG und der Finanzierung einer Kampagne durch diese Firma untersucht, hat bisher praktisch keine Akten der Staatskanzlei zu dem Vorgang erhalten. Einzig die Kopie eines Beitrages einer Satire-Zeitschrift wurde dem Landtag zur Verfügung gestellt.
Laut Nolle hat CDU-Fraktionsgeschäftsführer Erhard Weimann vor Zeugen gesagt, ihm sei bekannt, dass sich die Affäre betreffende Akten aus der Staatskanzlei in der Obhut der CDU-Landesgeschäftsstelle befinden. Weimann habe die Unterlagen zufällig dort gefunden. Auch der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss, der Parlamentarische Geschäftsführer Klaus Leroff, weiß nach Nolles Darstellung davon. Beide sollen nun auf Antrag von SPD und PDS als Zeugen vor dem Ausschuss Stellung nehmen.
Weimann bezeichnete die Vorwürfe Nolles gegenüber der SZ als „unerhörten Blödsinn“, der „lebensfremd und absurd“ sei. Er habe weder Zugang zu Akten der Staatskanzlei noch zu denen der CDU-Landesgeschäftsstelle. Auch CDU-Generalsekretär Herrmann Winkler dementierte: „Da ‚Sachsen für Sachsen‘ keine Parteikampagne war, haben wir keine Akten angelegt und auch später keine bekommen.“ Bei Nolles Vorwürfen sei „wohl der Wunsch Vater des Gedankens“ gewesen.
Unterdessen trug Ministerpräsident Milbradt vor dem Ausschuss kaum Neues bei. Er sei an der Organisation der Kampagne nicht beteiligt gewesen. Er halte sie aber im Nachhinein als „treffendes Bild“ des Wirtschaftsstandortes Sachsen für eine „ausgezeichnete Idee“. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen den Fördermitteln an Sachsenring und der Kampagne: „Eine Verquickung staatlicher Zuwendungen und parteipolitischer Interessen hat es mit mir nicht gegeben und wird es mit mir nicht geben.“
(Von Andreas Novak)