Karl Nolle, MdL

Leipziger Volkszeitung LVZ/DNN, 15.01.2004

Pöppelmannbrücke sorgt für heftigen Streit an der Mulde

 
Dresden/Grimma. Als die Pöppelmannbrücke Mitte August 2002 in den Muldefluten versank, waren nicht nur die Bürger von Grimma entsetzt. Das Brückendenkmal aus dem 18. Jahrhundert gilt als das letzte erhaltene Werk des Barockbaumeisters Pöppelmann, ist ein Wahrzeichen der Stadt. Doch genau darum gibt es jetzt Streit an der Mulde. Eineinhalb Jahre nach der Katastrophe ist das Denkmal noch immer nicht saniert, es gibt Ungereimtheiten im halben Dutzend - und eine Dienstaufsichtsbeschwerde.

Gestellt hat sie eine Grimmaer Bürgerinitiative (BI), die sich seit langem für den denkmalgerechten Wiederaufbau der Brücke stark macht. Im Zentrum der Kritik steht der Chef des Straßenbauamts Döbeln/Torgau, Lutz Nast. BI-Vertreter wie der Grimmaer Diplom-Ingenieur Hansgünther Hoidis werfen dem Amtsleiter Untätigkeit bei der Sanierung und Mittelverschwendung in Millionenhöhe vor. "Amtspflichtverletzung" lautet das im Juristendeutsch.

Damit das Ganze Fahrt gewinne, hat die BI Mitte Dezember einen Brief an Regierungschef Georg Milbradt (CDU) geschickt - als "oberstem Dienstherrn", wie Hoidis meint. In dem Papier, das von neun Grimmaer Bürgern unterzeichnet ist, listen die BI-Vertreter eine Reihe vermeintlicher Fehlleistungen des Amtsleiters auf. Neben Unklarheiten bei der Sanierung geht es darin nicht zuletzt um einen Vorwurf der pikanten Art: Erst seien Sandsteinquader des beschädigten Baudenkmals am Rande eines "privat genutzten Parkplatzes" aufgetaucht; am 21. September vergangenen Jahres seien gar Brückenteile von einer Fremdfirma aus Riesa vom abgesperrten Lagerplatz des Straßenbauamts abtransportiert worden - und verschwunden.

Für den SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle ist das ein "Skandal". Teile des historischen Baudenkmals seien offensichtlich "privatisiert" worden, das grenze an "Leichenfledderei". Nolle fordert deshalb Aufklärung von der Staatsregierung und hat eine kleine Anfrage im Landtag gestellt. Darin geht es nicht nur um die Sandsteinquader, sondern um den Wiederaufbau insgesamt. So wurde die Brücke nach BI-Angaben Ende der 90er Jahre bereits saniert, aber offensichtlich nicht fachgerecht. Folge: Die aufgebauten Bereiche hätten den Augustfluten Stand gehalten, der Rest wurde zerstört.

Darüber hinaus sei ein kostengünstiges Angebot eines Leipziger Ingenieurbüros zur Wiederherstellung nach der Flutkatastrophe ausgeschlagen worden. Weiterhin fordern BI wie SPD-Mann Nolle Aufklärung zur misslungenen Sprengung von Teilen der Brücke - einer Tatsache, die vor wenigen Tagen ein Nachspiel vor Gericht hatte. Der Sprengmeister erhielt eine Geldbuße von 1500 Euro.

Nach Ansicht von BI-Vertreter Hoidis hat vor allem Nast die Grimmaer Misere zu verantworten. Der Amtsleiter habe "Steuergelder mit der Schaufel aus dem Fenster geschmissen", die Brücke sei ein "Millionengrab". Begründung: Statt der angepeilten Sanierungskosten von rund 500 000 Euro steige die Summe um "mindestens das Zehnfache". Nast war gestern nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen. Wolfgang Fischäder, sein Vertreter im Straßenbauamt, wollte sich nicht äußern. Ihm sei der "genaue Sachverhalt nicht bekannt", sagte er gestern.
(von Jürgen Kochinke)






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