Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 18.02.2004

Kein Glückspilz: Mit dem Polizeichef bleibt das Innenministerium im Gerede

Kommentar von Hubert Kemper
 
Nicht jede berufliche Karriere ist für den Aufsteiger mit Lustgewinn verbunden. So dürfte sich Eberhard Pilz nicht als Glückspilz bezeichnen, weil auf ihn die Wahl für den Landespolizeipräsidenten gefallen ist. Mag es an Neidern liegen, die sich selbst gern auf dem Chefsessel gesehen hätten oder an Kritikern, die ihn für überfordert halten: Pilz kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht heraus, seitdem er an der Spitze der sächsischen Ordnungsstreitmacht steht.

Argerlich ist das für den Mann mit den vielen Sternen an den Schulterklappen. Unangenehm ist das auch für den Zivilisten, der ihn in dieses Amt befördert hat. Denn immer, wenn das Image seines obersten Polizeiführers infrage gestellt wird, schwappt etwas von der heißen Brühe aus Wahrheit und Dichtung auf den politisch Verantwortlichen und dessen Amtschef.

Glücklos hat Horst Rasch bisher als Innenminister agiert. Einen Großteil der Schläge, die er einstecken musste, verdankt er der langen Leine, an der er seine Spitzenleute laufen lässt Menschliche Integrität wird in seinem Haus offenbar als Einladung verstanden, die Belastungsfähigkeit des Ministers dauerhaft zu testen.

Rasch wird sich ins nahe Ziel der Legislaturperiode retten. Für Beamte gelten andere Regeln. Sie können abgelöst, umgesetzt oder in den Ruhestand versetzt werden. Davon machen die mächtigen Männer im Ministerium Gebrauch, wenn es um ihre Kritiker geht Die Spielregeln sind nicht für alle gleich. Ob Aufklärung von Korruptionsverdacht, ob Vermischung dienstlicher Logistik mit Vereinstätigkeit, Abfragen geschützter Daten oder Rückendeckung für öffentlich beschuldigte Mitarbeiter: Michael Antoni, der Staatssekretär und Pilz, sein Polizeichef, pflegen ihren eigenen Stil. Das macht sie angreifbar.

Polizeiarbeit ist dafür bekannt, eigene Strukturen zu entwickeln. Ihren Bestand, vom Streben um Einfluss und Karriere geprägt, sichert penible Abschirmung nach außen. Diese Regeln sind in Sachsen durchbrochen worden.

Missbrauch von Macht und Einfluss ist das Peinlichste, was einem Spitzenbeamten nachgesagt werden kann. Nur wer sich große Schwächen leistet, öffnet Ventile. Pilz steht nun mit seinem Schutzherrn im Zentrum von Anfragen. Man darf gespannt sein, wie diese beäntwortet werden. Im Innenministerium rumort es seit Jahren. In der Staatskanzlei beobachtet man das mit wachsendem Unbehagen. Wann zieht Milbradt die Reißleine?

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