Karl Nolle, MdL

manager-magazin, 23.02.2004

SachsenLB: Wanzen, Detektive und ein S-Klasse-Mercedes

 
Der Chef der zweitkleinsten Landesbank fährt einen der größten Dienstwagen - und das Leasing hat seine Lebensgefährtin organisiert. Nur einer von drei Verdachtsvorwürfen auf Vetternwirtschaft, mit denen sich die Leipziger Sachsen LB konfrontiert sieht.

Leipzig - Die Sachsen LB hat einen Bericht zurückgewiesen, wonach sich Vorstandschef Michael Weiss von Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid angeblich Wochenenden in Kiel finanzieren ließ. "Das ist vollkommener Unsinn", sagte der Sprecher der Bank, Frank Steinmeyer, der Nachrichtenagentur DPA.
"Die beiden Herren haben sich nie persönlich kennengelernt", beteuerte er. Die "Dresdner Neuesten Nachrichten" hatten in ihrer Montagausgabe über den Vorwurf berichtet.

Die Wochenenden in Kiel sind beileibe nicht der einzige potenzielle Skandal bei der Landesbank. Die Staatsanwaltschaft Leipzig bestätigte heute, dass ein Vorermittlungsverfahren gegen Weiss eingeleitet wurde. Es werde geprüft, ob es bei der Beschaffung seines Dienstwagens zu strafrechtlich relevanten Unregelmäßigkeiten gekommen sei, so ein Behördensprecher.

Erst nach Abschluss des Prüfvorgangs werde über die Einleitung eines förmliches Ermittlungsverfahrens entschieden, sagte der Sprecher. Zeitungsberichten zufolge soll der Dienstwagen von Weiss zu marktunüblichen Konditionen geleast worden sein. Leasinggeberin ist demnach eine Tochtergesellschaft der Sachsen LB sein, die von der Lebensgefährtin des Bankmanagers geleitet wird.

Anhängerkupplung für Pferde und Boote

Weiss wird vorgeworfen, bei dem Leasinggeschäft getrickst zu haben, um einen besonders luxuriösen Dienstwagen fahren zu können. Den Berichten zufolge war für den Bankchef ein Mercedes S 600 mit Überlänge im Wert von rund 140.000 Euro angeschafft worden. Dessen marktübliche Leasingrate liegt über dem Limit, das für Vorstandsfahrzeuge der Bank vorgesehen ist.

Außerdem soll er sich den "Dresdner Neuesten Nachrichten" zufolge unübliche Ausstattungsdetails gegönnt haben. Dazu zähle eine Anhängerkupplung für Boots- und Pferdeanhänger.

Das Finanzministerium in Dresden erklärte, die Vorgänge würden überprüft. Bereits am Wochenende hatte die Bank mitgeteilt, sie lasse die Angelegenheit durch Anwälte und Wirtschaftsprüfer untersuchen. Man gehe aber davon aus, dass an den Vorwürfen nichts dran sei.

Der sächsische SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle hatte zuvor von einer offenkundigen Fälschung der Leasingrate gesprochen. Zugleich nannte er es fragwürdig, dass der Chef der zweitkleinsten deutschen Landesbank einen der größten und teuersten Dienstwagen fahre. Die Sachsen LB ist die einzige Landesbank in Ostdeutschland.

Welchen Auftrag hatte die Detektei Artemis?

Geprüft wird überdies, ob die Bank das Telefon eines früheren Mitarbeiters abhören ließ. Die Zeitung "Die Welt" hatte berichtet, ein Detektiv habe auf diese Weise ein früheres Vorstandsmitglied der Sachsen LB und vier seiner Kollegen ausspioniert.

Es sei ein Auftrag an die Detektei Artemis ergangen, die herausfinden sollte, ob den ehemaligen Mitarbeitern Betrug bei einem Kreditgeschäft nachzuweisen sei. Angeblich soll es dabei um Provisionen im ZUsammenhang mit einem geplatzten 100-Millionen-Euro-Kredit für eine Kieler Immobilie des Mobilcom-Gründers Gerhard Schmid gegangen sein, so die Informationen der "Dresdner Neuesten Nachrichten".

"Bis die Ergebnisse vorliegen, warten wir jetzt erst einmal ab", erklärte Steinmeyer. "Die externen Prüfer haben Einsicht in sämtliche Unterlagen." Der Verwaltungsratsvorsitzende der Bank, Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU), wollte dem Vernehmen nach noch am Montag mit Weiss über die Vorwürfe sprechen.

Die Opposition im Dresdner Landtag dringt auf schnelle Aufklärung. "Wir werden die Angelegenheit im Haushalts- und Finanzausschusses zur Sprache bringen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS- Fraktion, André Hahn. Nach SPD-Angaben wird der Ausschuss voraussichtlich an diesem Mittwoch zusammenkommen. Eigner der Sachsen LB sind je zur Hälfte der Freistaat und Sachsens Sparkassen.

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: