Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, Seite 6, 24.02.2004

Bank verschleißt rund 50 Führungskräfte

Missstände bringen sächsisches Institut in Finanzkreisen in Verruf
 
Vorwürfe einer Personalpolitik wie einst am Hofe und von überzogenem Luxus in der Führung bringen die Sachsen LB in Verruf.

Dresden/Leipzig. Die Vorwürfe sind heftig. Von einem „Duz- und Bettkartell“ ist die Rede, wenn es um die Führung der sächsischen Landesbank geht. Gunstbeweise würden dienstliches Kompetenzreglement ersetzen und „Liebesgeflüster Personalentscheidungen“ beeinflussen. Es wird auf den erstaunlichen Aufstieg der Angestellten Andrea Braun zur Personalchefin hingewiesen, nachdem sie ein Verhältnis mit dem Vorstandsvorsitzenden Michael Weiss eingegangen war.

„Wir bedauern es selbst am meisten, wieder den Weg der Anonymität wählen zu müssen“, schrieben die Kritiker im Jahr 2001. Sie versuchten, den Verwaltungsrat zu alarmieren. Kenner der Landesbank sagten gestern der SZ übereinstimmend, das Institut werde geführt „wie dereinst der sächsische Hof“. In den vergangenen fünf Jahren seien rund 50 Führungskräfte der Bank gegangen worden, hieß es. Die damit verbundenen Abfindungen hätten eine deutliche Senkung der Personalkosten verhindert. Anschließend seien neue, junge Leute mit überdurchschnittlich hohen Gehältern in der Bank installiert worden. Mit dem Verhältnis zur deutlich jüngeren Braun habe Bankchef Weiss „jedwede Bodenhaftung verloren“. Das sage die „gesamte Finanzierungsbranche“.

Private Auslandsreisen mit Bonusmeilen?

Derweil tauchen immer neue Vorwürfe auf. So soll das Duo Weiss/Braun mehrmals privat in die USA und nach Südafrika geflogen sein – mit Bonusmeilen der Lufthansa, die auf Dienstreisen erworben worden waren. Banksprecher Frank Steinmeyer sagte dazu, die privaten Reiseziele des Vorstands seien ihm nicht bekannt. „Die private Nutzung dienstlich erworbener Bonusmeilen aber ist für alle Mitarbeiter der Landesbank erlaubt.“

Ferner wies der Sprecher gestern einen Medienbericht zurück, nach dem sich Vorstandschef Weiss mehrere Wochenenden in Kiel vom ehemaligen Mobilcom-Großaktionär Gerhard Schmid bezahlt haben lassen soll. „Die beiden Herren haben sich nie persönlich kennen gelernt“, erklärte Steinmeyer. In Kiel hatte die Landesbank für Schmid ein 100 Millionen Euro teures Immobilienprojekt finanziert, das tiefe Löcher in die Bilanz 2002 gerissen hatte.

Seit Ende voriger Woche sieht sich die Bank zudem mit Vorwürfen der Untreue und Bespitzelung konfrontiert. So soll über ein Tochterunternehmen für Weiss zu markt unüblichen Konditionen ein 140 000 Euro teurer Mercedes S 600 als Dienstwagen geleast worden sein. Chefin der Mitteldeutschen Leasing AG ist inzwischen Frau Braun (die SZ berichtete). Bei dem Bespitzelungsvorwurf geht es um die Prüfung, ob sich frühere Bankmitarbeiter bei einem Kreditgeschäft bereichert haben.

Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle kommentiert die Entwicklung in gewohnt drastischem Ton: Unter den Augen des Verwaltungsrats habe sich eine „mit Großmannssucht gepaarte Günstlingswirtschaft“ entwickelt, sagte er der SZ. „Jetzt wird Ministerpräsident Georg Milbradt vom Versagen des Ex-Ministers Georg M. eingeholt. Wer Missstände unter den Teppich kehrt, fällt irgendwann über den Teppich.“ S.1/4
(Von Stefan Rössel und Ulrich Wolf)

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