Karl Nolle, MdL

Leipziger Volkszeitung LVZ, 26.03.2004

Die Landesbank Sachsen und ihre Töchter

Erfolg und Pleite liegen nah beieinander MDL lebt vorerst weiter - Setis steht vor dem Aus
 
Leipzig. Am späten Nachmittag war von der Showdown-Stimmung nicht mehr viel übrig. Zwar herrschte gestern im Büroturm der Landesbank Sachsen (Sachsen LB) nicht gerade Friede, Freude, Eierkuchen - aber immerhin waren sich die zerstrittenen Anteilseigner der Landesbank-Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) in einem Punkt einig: Über das Ergebnis der beiden getrennten MDL-Hauptversammlungen, die die Firma IIL des Ex-MDL-Vorstandes Ludwig Hausbacher als Minderheitsgesellschafterin (49 Prozent) und die Sachsen LB einberufen hatten, sollte nichts nach außen dringen.

Dass sich alle Beteiligten daran hielten, deutet auf eine überraschende Einigung über die Zukunft der MDL hin. Dabei hätten die Positionen im Vorfeld gegensätzlicher kaum sein können: Während die IIL einen Neustart der Leasing-Gesellschaft und die Absetzung der amtierenden Führung forderte, hatte die Sachsen LB die MDL bilanziell schon abgeschrieben und wollte den Vorstand ermächtigen lassen, auch das Bestands-Geschäft der Gesellschaft zu verkaufen. Das hätte das endgültige Aus für die MDL bedeutet.

Während diese Variante zurzeit vom Tisch zu sein scheint, will die Landesbank nach Informationen dieser Zeitung bei einer anderen Tochter konsequent den Schlussstrich ziehen. Danach steht die erst im August 2002 ausgegründete Setis-Bank unmittelbar vor dem Aus. Was im Geschäftsbericht 2002 noch als "Meilenstein" angeführt wurde, sei "nicht erfolgreich", bestätigte Landesbank-Vorstand Rainer Fuchs.

Das Produkt der Setis AG, die Abwicklung von Wertpapiergeschäften, sei "interessant", aber zum falschen Zeitpunkt auf den Markt gekommen. Die größte Zielgruppe, die Sparkassen, habe es nicht angenommen. "Wir prüfen jetzt alle Optionen", sagte Fuchs. Das bedeutet im Klartext entweder den Verkauf oder eine Rückintegration in die Landesbank.

Auch das Ende der Internet-Boomzeit ging nicht spurlos an der Bank vorbei. So mussten Beteiligungen über die Risikokapitalgesellschaft CFH wie die Aktien-Emissionsplattform Publity (ehemals Virbus) abgeschrieben werden. Im Kreditgeschäft ist die Bank nicht nur mit Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid (siehe nebenstehenden Beitrag) auf die Nase gefallen. Für ein Geschäft mit der Schweizer Erb-Gruppe mussten 39 Millionen Euro wertberichtigt werden, für Bonds der insolventen italienischen Parmalat-Gruppe 19 Millionen.

Weitaus lieber spricht die Sachsen-LB-Spitze daher von ihrer irischen Tochter Sachsen LB Europe. Die "Dubliner Ertragsperle", wie Fuchs sie nennt, steuerte im vergangenen Jahr 25 Millionen Euro zum Ergebnis der Bank bei. Und damit die guten Investmentbanker auch bei der Stange gehalten werden können, wurde nun ein Vermögensverwaltungsfonds aufgelegt, an dessen Erfolg die Dubliner Führungsriege beteiligt wird.

Das Dilemma der Landesbank wird dabei offenbar: Ihre Geschäfte macht die Sachsen LB hauptsächlich außerhalb des Freistaates. Die Töchter East-Merchant und Sachsen-Fonds sind in Düsseldorf und Haar bei München angesiedelt. Die eine ist auf US-Leasinggeschäfte spezialisiert, die Immobilienfonds-Produkte der anderen sind vor allem in Baden-Württemberg und Niedersachsen gefragt.

Auch als Dienstleister der sächsischen Sparkassen hat die Landesbank längst ausgedient. Die Institute sind auf die "Großbank" nicht angewiesen. Nicht zuletzt mit dem Wegfall der Gewährträgerhaftung 2005 wird sich das Selbstverständnis des öffentlich-rechtlichen Instituts als Geschäftsbank weiter ausgeprägen müssen. Um im Wettbewerb bestehen zu können, muss die Bank jedoch ihr Rating und damit ihre Refinanzierungsmöglichkeiten verbessern. Für dieses Ziel arbeitet die Sachsen LB derzeit an einem Maßnahmenkatalog, zu dessen Bestandteilen eine Kapitalerhöhung gehören könnte.

Ihre wirtschaftlichen Ziele muss die Bank derzeit allerdings vor einer alles andere als freundlichen Meinungs-Kulisse verfolgen. Vorstandschef Michael Weiss etwa musste sich den Vorwurf gefallen lassen, einen überdimensionierten Dienstwagen (Mercedes S 600) zu fahren, der zudem für private Zwecke mit Anhängerkupplung ausgestattet ist. Für den Manager indes keine neue Erfahrung: Bereits vor 15 Jahren war er als Vorstandsmitglied der landeseigenen Berliner Wohnungsbau-Kreditanstalt (WBK) in Medienberichten für seine Dienstwagen-Wahl kritisiert worden. Damals fuhr Weiss einen BMW 735 - ebenfalls mit Anhängerkupplung. Wenig schmeichelhaft wurde öffentlich auch seine Beziehung zu Andrea Braun dargestellt. Die ehemalige Personalchefin der Landesbank steht mittlerweile an der Spitze der MDL - nach Informationen dieser Zeitung auch nach den gestrigen Hauptversammlungen.
(Lars Radau / Sabine Schanzmann)

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