Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 31.03.2004

„Dann müssen eben beide gehen“

An der Landespolizeischule wünschen sich alle möglichst bald wieder normale Zeiten
 
An der Landespolizeischule in Bautzen herrscht gerade viel Trubel, sagt der Pressesprecher Enrico Jany. „Wir bereiten uns auf den Besuch von 24 pakistanischen Autobahnpolizisten vor. Sie wollen lernen, wie sich deutsche Polizisten bei Fahrzeugkontrollen sichern.“ Der Mann für die Öffentlichkeitsarbeit ist bemüht, einen Eindruck von Normalität zu vermitteln. Seit einigen Wochen interessiert sich die Öffentlichkeit aber herzlich wenig für die „gute Arbeit“, die die Schule nach Überzeugung Janys und der Fachlehrer seit Jahren für die sächsische Polizei leistet. Sehr zum Leidwesen der 83 Mitarbeiter. Nicht nur der Ruf der Schule, sondern der ganzen Polizei leidet unter der Affäre, beklagt Reiner Volz, Soziologe und Ausbilder im Fachbereich Gesellschaftslehre.

Alles dreht sich um die negativen Schlagzeilen in den Medien rund um die Polizeiaffäre. Zunächst musste sich nur Landespolizeipräsident Eberhard Pilz gegen Gerüchte und anonyme Vorwürfe verteidigen. Dann richtete sich die öffentliche Aufmerksamkeit plötzlich auch auf die Landespolizeischule. Überschriften in der Boulevard-Presse wie „Bumsfidele Polizeischüler-Ausbildung – Stürzt der Innenminister über diesen Sex-Skandal?“ provozieren jede Menge Fragen. „Was ist denn bei euch los?“, wollen die Lehrgangsteilnehmer, aber auch Freunde und Nachbarn der Schul-Mitarbeiter wissen. Nicht alle können sich dabei ein süffisantes Grinsen verkneifen.

Angefangen hat der Ärger für die Schule damit, dass Anfang März die Staatsanwaltschaft anrückte, um den Dienstcomputer von Schulleiter Gerd Ley und anderen Mitarbeitern zu filzen. Mitglieder des privaten Vereins „Förderkreis Demokratie und Innere Sicherheit“, die an der Schule arbeiten, sollen die Computer angeblich für Vereinszwecke benutzt haben, lautet der Vorwurf. Außerdem soll es zu einer sexuellen Verfehlung an der Schule gekommen sein – allerdings vor etwa sieben Jahren.

Der Innenminister soll auf den Tisch hauen

Diverse Strafanzeigen gegen Ley und einen weiteren leitenden Mitarbeiter der Schule liegen inzwischen bei der Staatsanwaltschaft in Dresden. Außerdem wird ein Sonderermittler der Regierung Innenminister Horst Rasch (CDU) heute seinen Prüfbericht vorlegen, der sich auch mit den Vorgängen an der Landespolizeischule befassen soll. Schulleiter Ley hat schon mehrfach über seinen Anwalt die Vorwürfe zurückweisen lassen und seinerseits mit Strafanzeigen reagiert. Ob das Innenministerium Ley auf diesem Wege einfach nur loswerden will, ob sie ihn für den „Heckenschützen“ in der Pilz-Affäre halten oder ob die Ermittlungen wirklich Hand und Fuß haben, darüber wird derzeit ausführlich spekuliert.

Die 15 Polizisten, die an diesem Tag eine einwöchige Fortbildung zum Thema „Drogen im Straßenverkehr“ beginnen, äußern sich erst nach einigem Zögern zu dem Hauen und Stechen in der Führungsetage der Polizei. „Schön, dass es mal nicht den mittleren Dienst trifft. Die hätte man sofort rausgehauen“, meint schließlich ein Kursteilnehmer. Sein Kollege glaubt, hinter allem stecke die Polizeistrukturreform, die die Zahl der Führungsposten in der Landespolizei erheblich verringern wird. „Das wird alles noch schlimmer, wenn die Personalentscheidungen erst mal gefallen sind.“ Immerhin gehe es für jeden „Hochrangigen“ um einige tausend Euro.

„Es sind keine von hier“, stellt ein anderer Beamter nicht ohne Genugtuung fest. Das gesamte Führungspersonal komme aus dem Westen, „weil wir zu blöde sind“, sagt er sarkastisch. Die „Leute von drüben“ wurden die Karriereleiter „hochgeschossen, ohne Schule.“ Zustimmendes Gemurmel in der Klasse. Sie wünschen sich, dass der Innenminister endlich einmal kräftig auf den Tisch haut. „Er hat die Pflicht, für Ordnung zu sorgen.“ Aber der stecke doch mittendrin in der Geschichte, wendet jemand ein. „Dann müssen eben beide gehen.“
(von Karin Schlottmann)

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Anmerkung von Karl Nolle, MdL:
Es wäre sicher gut gewesen: Termine und Fakten zu recherchieren, die bisherigen Presseveröffentlichungen zu kennen, sich mit den ins Schwarze treffenden parlamentarischen Kleinen Anfragen aus Dezember 03 zum FDS und deren die Razzien auslösenden unrichtige Beantwortung aus Januar 04 zu befassen und die Berichte des eigene Blattes zu berücksichtigen. Das wäre sicher gut gewesen...

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