Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, Seite 4, 01.04.2004

„Schlussbericht für den Mülleimer"

„Geheimer" Prüfbericht des Sonderermittlers gestoppt -Anwälte erheben schwere Vorwürfe: „Kein rechtliches Gehör"
 
Dresden. Eine Boulevardzeitung meldete bereits gestern Vollzug. "Fliegt Polizeidirektor Ley raus?" Schlimme Vorwürfe gegen den Chef der Landespolizeischule wollte das Blatt in Erfahrung gebracht haben. Die Quelle: Ein geheimer" Prüfbericht. Der Autor: Hans-Heinrich Brockmann. Eingesetzt hatte ihn Ministerpräsident Georg Milbradt. Mit Sondervollmachten sollte er Korruptionsvorwürfe im Innenministerium, später auch in der Polizeischule, sowie die Vorgänge um Polizeichef Eberhard Pilz untersuchen. Doch der vorverurteilte Ley stoppte per Gerichtsbeschluss die Veröffentlichung des Berichts, der gestern Innenminister Horst Rasch . vorgelegt werden sollte.

Schwere Geschütze fuhren gesteh die Anwälte Mark Hirschmann und Hans Detlev Grammich gegen Brockmann und Innenministerium auf. Prüfer Brockmann habe Ley und zwei weiteren im Visier der Untersuchungen stehenden Mitarbeiter der Polizeischule kein Gehör geschenkt. Auf Zeugen sei Druck ausgeübt worden, Staatskanzlei und Innenministerium hätten Vorverurteilungen lanciert, um sie später scheibchenweise zurück zu nehmen. Von einem eklatanten Verstoß gegen den grundrechtlichen Anspruch auf Gehör sprach der Bautzener Jurist Grammich. „Der Schlussbericht wird für den Mülleimer sein", urteilte Hirschmann. Er werde der Aktenspur bis zum Urheber nachgehen und kündigte auch Schadensersatzansprüche an.

Im Visier der Anwälte ist der Kriminaldirektor Artur Wehner. Aufgrund seiner Verdächtigungen hatte das Innenministerium bereits 2001 eine seltene „Tiefenprüfung" in der Landespolizeischule veranlasst. Nach Aussage von Schulleiter Ley habe die Prüfung lediglich eine von ihm als solche verzeichnete Privatfahrt mit dem Dienstwagen ergeben. Das Innenministerium habe es zugelassen und sogar gefördert, dass der Ruf seiner Mitarbeiter mit Schmuddel-Behauptungen beschädigt wurde, greift Hirschmann die Spitze des Rasch-Hauses an. Gegen Wehner, aus bayerischen PolizeiZeiten gut mit Landespolizeipräsident Pilz bekannt und wie er prüfungsfrei in Sachsen aufgestiegen, hat Hirschmann eine Anzeige wegen falscher Verdächtigung gestellt.
Ungewöhnlich wie so viele Vorgänge um die Polizeiführung verliefen auch die Versuche, Ley und einen Lehrer an der Landespolizeischule umzusetzen. Staatssekretär Michael Antoni unterbreitete Ley Angebote, die ihn außer Landes befördert hätten. Die Entscheidung hätte er innerhalb eines Tages treffen müssen. Allerdings hatte Antoni dem Gespräch einen privaten Charakter gegeben. „Wie kann man die Funktion des Staatssekretärs privatisieren?" fragt dazu Anwalt Grammich. Nur vier Stunden Bedenkzeit räumte der Innen-Amtschef gestern einem Ley-Kollegen ein. Auch. der wollte sich mit der „Friss-Vogel-oder-stirb-Methode" nicht anfreunden und verzichtete auf die Annahme des Angebots.

Nach dem Teilerfolg können nun weitere Beteiligte, die Ermittler Brockmann nicht anhörte, gerichtlichen Schutz in Anspruch nehmen. Das Innenministerium sicherte Anwalt Hirschmann zu, den Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht nur für Ley zu akzeptieren. Darüber hinaus will er Einsicht in den nur Rasch zugänglichen Bericht nehmen können. Vergeblich hatte im Vorfeld der Personalrat des Innenministeriums gefordert, Beteiligte vorher zu hören. So hält es zumindest die Staatsanwaltschaft: Sie will im Rahmen ihrer Vorermittlungen in dieser Woche Pilz vernehmen.
(von Hubert Kemper)

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