Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 02.04.2004

„Vorwürfe erhärtet“

Innenminister Rasch will ein Beziehungsgeflecht in der Polizeischule entwirren
 
Auf 102 Seiten hat Sonderermittler Hans-Heinrich Brockmann zusammengetragen, was er in den vergangenen Wochen in Sachen „Polizeiaffäre“ für wichtig hielt. Im Mittelpunkt seiner Prüfung stand ein seit einigen Wochen suspendierter Referatsleiter im Innenministerium sowie die Führungsebene der Landespolizeischule in Bautzen.

Die Vorwürfe gegen Landespolizeipräsident Eberhard Pilz habe Brockmann nur gestreift, sagte Innenminister Horst Rasch (CDU) gestern der Presse. Der Sonderermittler habe bei diesem Fall die „Substanz vermisst“. Der Fall Pilz sei außerdem bereits Gegenstand disziplinarrechtlicher und staatsanwaltschaftlicher Vorermittlungen.

Für die beiden Führungskräfte der Bautzener Polizeischule hat der Ermittlungsbericht dagegen schon jetzt Konsequenzen. Dem einen werde er ab sofort die Wahrnehmung der Dienstgeschäfte verbieten, erläuterte der Minister. Er muss Dienstwaffe und -ausweis abgeben, darf keine Polizei-Uniform mehr tragen und die Landespolizeischule nicht mehr betreten. Rasch nannte zwar keinen Namen, dem Vernehmen nach handelt es sich um den Leiter der Fortbildungsstätte, Gerd Ley. Außerdem wird Rasch einen Angestellten der Schule an eine andere Dienststelle versetzen.

Privates und dienstliches in der Schule vermischt

Über den Inhalt der Untersuchung schwieg sich Rasch gestern aus. Das Verwaltungsgericht Dresden hatte es ihm vorerst untersagt, den Brockmann-Bericht zu veröffentlichen. Es hätten sich aber Vorwürfe erhärtet, dass in der Polizeischule „Privates und Dienstliches“ vermischt worden sei, sagte er. Gemeint sind damit die Aktivitäten des Förderkreises „Demokratie und Innere Sicherheit“ in der Schule sowie die angebliche private Nutzung von Dienstautos.

Die Einrichtung werde zudem künftig enger in die Polizeibehördenstruktur integriert. „Es muss Luft an ein Geflecht von Beziehungen, die dem Dienst nicht zuträglich sind.“ Rasch kritisierte gestern zum ersten Mal in der seit Wochen andauernden Schlammschlacht in der Polizeiführung seinen Vorgänger Klaus Hardraht. Die Affäre, die er jetzt aufzuklären habe, hätte sich unter der „Ägide eines anderen Innenministers und eines anderen Polizeipräsidenten“ abgespielt, verteidigte sich Rasch. Er habe zwei Jahre darauf verzichtet, auf diesen Punkt hinzuweisen.

Die Anwälte Leys und weiterer Betroffener kritisierten, dass der Sonderermittler ihre Mandanten bisher nicht angehört habe. Der Minister habe mit der Pressekonferenz seine Fürsorgepflicht verletzt und ein öffentliches Exempel statuiert. Das sei menschenverachtend, hieß es in einer Mitteilung der Kanzleien Hirschmann und Grammich. Unter Berufung auf seinen Hausjuristen meinte Rasch, eine Anhörung sei in diesem Stadium der Untersuchung nicht vorgeschrieben. Die Betroffenen könnten bei den disziplinarrechtlichen Untersuchungen ihre Stellungnahmen abgeben. Rechtsanwalt Detlef Grammich kündigte rechtliche Schritte an.
(von Karin Schlottmann)

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