Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 03.04.2004

Turbulente Landtagssitzung mit absehbarem Ergebnis

 
DRESDEN - Die Schlammschlacht in Sachsens Polizeiführung war gestern Thema einer Landtags-Sondersitzung. PDS und SPD droschen auf Innenminister Horst Rasch und Ministerpräsident Georg Milbradt (beide CDU) ein. Die CDU boxte gegen Opposition und Presse. Und alle vermissten die politische Kultur.

Der Innenminister erscheint in allerletzter Minute, wirkt wie immer heiter und gelassen. Dabei ist er Hauptthema: Die PDS verlangt Raschs Entlassung, weil er seinen „Laden" nicht im Griff habe. Die SPD will Milbradts Arbeit missbilligen, weil er dem ganzen tatenlos zusehe. Seit Wochen tobt im Innenministerium und der Polizei eine unappetitliche Schlammschlacht um Mobhing, sexuelle Belästigung und der Vermischung von Dienstlichem und Privatem. Zentrum der Affäre: Landespolizeipräsident Eberhard Pilz. Polizei und Ministeriums-Beamte überziehen sich gegenseitig mit Anzeigen.

Während sich Rasch noch mal lockert, legt PDS-Innenpolitiker Steffen Tippach los, spricht von verlotterter Innenpolitik, dem Sicherheitsrisiko Rasch und dem Versagen der CDUStaatsregierung. „Wenn Politik in Sachsen derzeit vorrangig in der Garage des Polizeipräsidenten oder den Unterhosen von Beamten stattfindet, ist es an uns, dies zu ändern." Rasch lehnt sich zurück, Milbradt tut gelangweilt. Das hat er schon oft gehört.

Zum Beispiel von SPD-Fraktions-Chef Thomas Jurk, der Rasch abwechselnd als „überfordert", „völlig überfordert" und „hoffnungslos überfordert" bezeichnet. Rasch ist jetzt in einer Art Duldungsstarre, Milbradt guckt zornig. Zumal Jurk ihm die Schuld für die Misere gibt. „Wir missbilligen Ihre Amtsführung als Ministerpräsident des Freistaates Sachsen." Bevor man sich fragen kann, wo Milbradt noch überall regiert, ist CDU-FraktionsChef Fritz Hähle am Mikrofon. Er zitiert die Bibel, Pontius Pilatus, Lenin. Spricht von Wahlkampfgetöse, Denunziation und unterschiedlich seriöser Presse, fordert „mehr Zurückhaltung".

Das findet auch Rasch, der erstmal die Erfolge seiner Arbeit vorstellt: Poldi und AntiDrogendisko. Das ganze sei eine „Pauschaldebatte", in der „unbewiesene Behauptungen als Tatsachen verkauft werden". Nicht mal die CDU-Fraktion sieht richtig überzeugt aus. Doch als Rasch „Wir müssen zur Sacharbeit zurückkehren" sagt, klatschen alle.

Milbradt tritt ans Rednerpult und ist sauer, beschwert sich bei der Opposition: „Sie fordern mich zum Rechtsbruch auf." Er könne weder Pilz noch Rasch wegen anonymer und unbewiesener Vorwürfe entlassen. Zum Schluss lehnt die CDU wie üblich beide Oppositionsanträge ab. Rasch bleibt Innenminister - und dass lässt ihn nun traurig erscheinen. sml/JU

Karl Nolle im Webseitentest
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