Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 07.05.2004

EU-Kontrolleure brachten Skandal ins Rollen

Ministerium vergab Auftrag ohne Prüfung der Firma
 
In der Affäre um Subventionsbetrug bei der Qualifizierungsgesellschaft für Mikroelektronik und Fahrzeugtechnik (QMF) gerät die Staatsregierung zunehmend in Erklärungsnöte. Entgegen erster, anders lautender Darstellungen ist der Fall nicht durch Ermittlungen des Wirtschaftsministeriums, sondern durch EU-Prüfer ins Rollen gekommen.

Wie Wirtschaftsstaatssekretärin Andrea Fischer (CDU) gestern sagte, hätte die beim Finanzministerium angesiedelte „Unabhängige Stelle“, die für die EU Fördermittelvergaben überprüft, im Juni 2003 erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der QMF geliefert. Auf Grund der Hinweise habe man eine genauere Prüfung veranlasst. Vorher war die Rede davon gewesen, dass das Wirtschaftsministerium der Firma auf Grund „nebulöser Gerüchte“ auf die Schliche gekommen sei. Fischer kündigte gestern eine Regierungserklärung von Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU) an.

Dubios erscheint zunehmend die freihändige Vergabe der Qualifizierung von Mitarbeitern des Zentrums Mikroelektronik Dresden (ZMD) bei der Privatisierung des Unternehmens. Nach SZ-Informationen ist die QMF ohne jegliche Prüfung des Firmenhintergrunds oder von Referenzen beauftragt worden. „Den Akten ist nicht entnehmbar, dass eine genauere Qualitätsprüfung stattgefunden hätte“, bestätigte Annette Binninger, Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Auch die Frage, wie das Wirtschaftsministerium überhaupt erst auf die eigens im Zuge der ZMD-Privatisierung gegründete Firma gekommen war, bleibt weiter offen. Zur damaligen Vergabe ohne Ausschreibung sagte Binninger, dass eine solche von der EU nicht gefordert sei.

Unterdessen führt die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen fort. Laut Nachrichtenagentur AP liegen ihr inzwischen 16 000 Seiten Ermittlungsakten vor. „Objektive Anhaltspunkte für Korruptionstatbestände haben wir noch nicht“, sagte Oberstaatsanwalt Claus Bogner der SZ. Zurzeit seien alle „Motivationslagen“ für die Veruntreuung von rund 19 Millionen Euro denkbar – „von dem Wunsch, Arbeitsplätze zu schaffen, bis hin zur persönlichen Bereicherung“. Bisher sei die ehemalige Hausspitze des Wirtschaftsministeriums nicht vernommen worden: „Vernehmungen machen erst Sinn, wenn wir detaillierte Vorhalte machen können.“
(Von Andreas Novak)

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