Karl Nolle, MdL

DNN(LVZ, 03.06.2004

CDU allein im Ausschuss

 
Dresden. Die Affäre um die Dresdner Qualifizierungsgesellschaft QMF sorgt weiter für Wirbel in Sachsen. Gestern kam es im Sachsenring-Untersuchungsausschuss deshalb zum Eklat. Der frühere QMF-Geschäftsführer, Helmut Stachel, ist indes wieder auf freiem Fuß. Das erklärte Oberstaatsanwalt Claus Bogner gestern gegenüber den DNN.

Gegen Stachel und weitere 15 Beschuldigte ermittelt die von Bogner geführte Sonderermittlungseinheit "INES" wegen des Verdachts der Untreue und des Subventionsbetrugs. Hintergrund ist der Umgang mit Geldern des Europäischen Sozialfonds, die das Wirtschaftsministerium zwischen 1999 und 2003 an die QMF gezahlt hatte. Insgesamt geht es um 21 Millionen Euro. Inzwischen hat das Ressort von Minister Martin Gillo festgestellt, dass die Gelder nicht hätte bewilligt werden dürfen. "Der zentrale Verdacht ist, dass mit der Übernahme der Mitarbeiter durch die Qualifizierungsgesellschaft bei gleichzeitiger Weiterbeschäftigung im Betrieb unter der Bezeichnung Praktikum letztlich Personalkosten der Unternehmen durch ESF-Mittel substituiert wurden", hatte Gillo kürzlich im Landtag erklärt. Der CDU-Politiker hat das Amt erst 2002 von seinem Vorgänger Kajo Schommer (CDU) übernommen.

Im Zuge der Ermittlungen waren Stachel, 55, und der seit Mitte 2002 pensionierte Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium Hans Neufischer, 65, in Untersuchungshaft genommen worden. Stachels Haftbefehl sei jetzt nach der Zahlung einer Sicherheitsleistung und mit einigen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden, sagte Bogner den DNN. Die Summe liege im oberen fünfstelligen Bereich. Damit sei keine Fluchtgefahr mehr gegeben. Über die Haftbeschwerde im Fall Neufischer habe das Landgericht Dresden noch nicht entschieden, sagte Bogner.

Weil die QMF hauptsächlich für Qualifizierungen im Umfeld des Dresdner Zentrums für Mikroelektronik (ZMD) und der Sachsenring AG (SAG) Ende 1998 gegründet worden war, hat das Thema inzwischen auch den Sachsenring- Untersuchungsausschuss im sächsischen Landtag erreicht. Das Gremium geht der Frage nach, ob der Freistaat 1998 beim Verkauf des ZMD an die SAG einen Zuschuss um vier Millionen Mark erhöhte, damit Sachsenring im Gegenzug die CDU-nahe Kampagne "Sachsen für Sachsen" finanziert. Gestern sollten dazu erneut Ex-SAG-Vorstand Ulf Rittinghaus und Ex-Minister Kajo Schommer vernommen werden. Die CDU setzte die Vernehmung jedoch gegen den Willen der Opposition ab, Rittinghaus musste unverrichteter Dinge wieder abreisen. Daraufhin kam es zum Eklat, die Vertreter von SPD und PDS verließen unter Prostest das Gremium.

Der Ausschussobmann der CDU-Fraktion, Lars Rohwer, erklärte, die Vernehmung sei auf den 21. Juni verlegt worden, damit sich die Ausschussmitglieder zuvor mit QMF-Unterlagen vertraut machen können. Die Dokumente, die Ende Mai bei Staatsanwaltschaft und Staatsregierung beantragt worden sind, liegen dem Ausschuss noch nicht vor. Laut Rohwer erwartet die CDU davon wichtige Erkenntnisse, die Befragung könne dann zielgerichteter geführt werden.

Der SPD-Obmann, Karl Nolle, sieht die "Aufklärungsarbeit auf das Übelste torpediert". Minderheitenrechte würden mit Füßen getreten und damit die Verfassung gebrochen. Nolle stellte eine Klage in Aussicht. Auch PDS-Vertreter Klaus Tischendorf bewertete das Vorgehen der CDU als Versuch, die Aufklärungsarbeit zu blockieren. Es gehe der CDU nur darum, die zusammengebrochene Verteidigungslinie von Schommer wieder aufzubauen. Auch ohne neu Akten würden genügend Fragen auf dem Tisch liegen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion Andre Hahn, der auch Vorsitzender des Untersuchungsausschusses ist, informierte am Nachmittag, über ein Pressemitteilung, die er als Ausschusschef abgeben wollte. Eine Verbreitung über die Pressestelle des Landtags, wie bei anderen Ausschussvorsitzenden schon geschehen, hätte Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) aber abgelehnt. In der Mitteilung kündigte auch Hahn Verfassungsklage an.
(I.Pleil)

Karl Nolle im Webseitentest
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