Dresdner Morgenpost, 03.06.2004
Untersuchungs-Ausschuss: CDU verschiebt Vernehmungen
DRESDEN - Dicke Luft im Sachsenring-Untersuchungsausschuss: Die CDU verschob gestern kurzerhand dieVernehmung zweier Zeugen. SPD und PDS verließen unter Protest den Saal, wollen nun vor demVerfassungsgericht klagen.
Ex-Sachsenring-Boss Ulf Rittinghaus musste unverrichteter Dinge wieder gehen, Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer, der nachmittags dran gewesen wäre, musste gar nicht erst anrei sen. Der Ausschuss wollte beide auch zum Millionenbetrug um die Weiterbildungsfirma QMF befra gen. Dem hatte auch die CDU zu gestimmt. Doch gestern war plötzlich alles anders. „Wir haben noch nicht alle Akten", sagte CDU-Ausschuss-Vize Lars Rohwer. „Eine Befragung ins Blaue hinein lehnen wir ab."
„Ungeheuerlich", polterte SPD-Ausschuss-Obmann
Karl Nolle. „Das Erinnerungsvermögen der Zeugen hängt nicht vom Aktenstudium der CDU ab. Mit diesem Affront wird die Aufklärungsarbeit auf das Übelste torpediert."
Auch PDS-Obmann Klaus Tischendorf war mächtig sauer: „Die CDU belügt die Öffentlichkeit, begeht erneut vorsätzlichen Verfassungsbruch." Das sah der Juristische Dienst des Landtages ähnlich. Um eine Zeugenvernehmung zu verschieben, müsste es zwingende Gründe geben, diese seien hier jedoch nicht erkennbar.
Die Opposition kündigte eine Verfassungsklage an, sieht ihre Minderheitenrechte verletzt. Nolle vermutet gar, dass die CDU Schommer für eine Aussage präparieren will. In dessen Minister-Zeit geschah die Millionen-Abzocke durch QMF und der vermeintliche Spenden-Deal zu Gunsten der CDU im Landtagswahlkampf 1999 (Morgenpost berichtete). Die CDU will Rittinghaus und Schommer nun noch einmal in drei Wochen vorladen. „Lästig", erklärte Schommer. „Meine Aussage wird sich aber nicht unterscheiden." Rittinghaus nahm's gelassen: „Ich habe zu QMF einiges zu sagen - dann eben später."
(Von Stefan Locke)