Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 05.06.2004

Städte und Kommunen fürchten dreistellige Millioneneinbußen

Leipzigs OB Tiefensee: Regierung hat finanziell den Krieg erklärt
 
Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD), sonst ein Mann des diplomatischen Tons, nahm kein Blatt vor den Mund. Die aktuellen Finanzpläne der Staatsregierung seien „eine Kriegserklärung an die Kommunen“, sagte Tiefensee gestern als Vize-Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetages. Es gehe um 600 bis 800 Millionen Euro, die den Kommunen genommen würden.

Dies werde Auswirkungen für die Bürger haben, da das Geld durch weiteren Personalabbau in den Rathäusern nicht mehr eingespart werden könne. Der Entwurf des neuen Finanzausgleiches müsse zwingend nachgebessert werden. „Hier ist Holland in Not“, so Tiefensee.

Hinter den Kulissen wird derzeit der neue Doppelhaushalt für 2005 und 2006 verhandelt. Eine der Klippen, die dabei zu umschiffen ist, sind die Geldströme zwischen dem Freistaat und den Gemeinden – traditionell ein hartes Geschäft. Hinzu kommt, dass die Kommunen infolge der schwachen Konjunktur eine halbe Milliarde Euro zurückerstatten müssen. „Fordert der Freistaat das Geld zurück, können wir unsere Haushalte nicht mehr decken“, warnte Tiefensee. Die Folgen wären „gravierende Einschnitte“.

Angesichts steigender Sozialausgaben und Personalkosten müssten die Einnahmen der Kommunen aus Landeszuweisungen und Steuereinkünften zumindest auf gleichem Niveau wie bisher erhalten bleiben. Seit Jahren stabilisiere jedoch der Freistaat seinen Haushalt auf Kosten der Kommunen, warf Tiefensee Regierungschef Georg Milbradt (CDU) vor. Dabei habe das Land selbst den Personalabbau verschlafen. Die Finanzbeziehungen müssten nun grundsätzlich überdacht werden. Tiefensee: „Der Ausgleich ist nicht gesund.“ Möglich sei auch der Abbau von Standards, etwa bei überzogenen Anforderungen an Altenheime oder Kitas. Tiefensee hofft auf eine Lösung noch vor der Sommerpause, da die Kämmerer Planungssicherheit benötigten.

Verschärft wirft die Auseinandersetzung durch die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe durch Hartz IV. Statt einer beabsichtigten Entlastung um 319 Millionen Euro drohe Sachsens Kommunen eine Mehrbelastung von bis zu 830 Millionen, erklärte Leipzigs Rathauschef. Er warf dem Freistaat vor, dabei Gelder einzubehalten statt sie den Städten und Gemeinden weiterzuleiten.
Finanzminister Horst Metz (CDU) wies die Vorwürfe als unverständlich zurück, Die „zur Schau gestellte Aufgeregtheit“ sei nur „Säbelrasseln vor der Kommunalwahl“. Wer bei den Gesprächen nicht dabei war, sollte sich zurückhalten, so Metz. Der Freistaat habe in den letzten Jahren erhebliche Vorleistungen für die Kommunen erbracht. Auch CDU-Haushaltsexperte Uwe Albrecht wies die Vorwürfe zurück. Sachsen bleibe ein verlässlicher Partner der Kommunen.
(Von Sven Heitkamp)

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