Freie Presse Chemnitz - Stollberger Zeitung, 10.06.2004
Stollberg: Opposition spricht von scheinheiliger Reaktion
Fraktionen im Kreistag Stollberg äußern sich zur Anklageerhebung gegen Hertwich
Die Staatsanwaltschaft Chemnitz erhebt Anklage gegen Landrat Udo Hertwich (CDU) wegen Untreue. Hertwich wird vorgeworfen, gemeinsam mit dem damaligen Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses eine Immobilie überteuert angekauft zu haben. Der Schaden für das Kreiskrankenhaus wird mit mindestens 106.000 Euro beziffert.
In einer Stellungnahme spricht die CDU des Landkreises ihre Betroffenheit über diese Entwicklung aus und fordert die Suspendierung des Landrates.
Für Kreisrat Andreas Drechsel (Freie Wähler Union) ist die Forderung der CDU-Kreistagsfraktion nach Suspendierung des Landrates „der Gipfel der Verhöhnung der Kreisräte und Fraktionen, die seit langem Konsequenzen aus der Hertwich-Affäre verlangen. Die CDU Mehrheitsfraktion sah bisher keinen Handlungsbedarf.“ Drechsel erinnerte an das Abwahlverfahren des Landrates, das in einer geheimen Wahl im Kreistag abgeschmettert wurde. „Jetzt, fünf Minuten vor der Angst, versucht man Ballast abzuwerfen. Schaden ist mit Sicherheit für den Landkreis entstanden, was jedoch jahrelang die CDU-Kreistagsfraktion duldete.“
SPD-Fraktionschef Rolf Höfer bewertet die Anklage der Staatsanwaltschaft als einen Schritt, um im Landkreis wieder zur eigentlichen Arbeit überzugehen. „Unverständlich ist“, so Höfer, „dass exakt der Gegenstand der Anklage seit zwei Jahren der Öffentlichkeit bekannt ist. Zwei Jahre hat die CDU-Fraktion eine Aufarbeitung verhindert. Jetzt, sich als Besserwisser hinzustellen, ist scheinheilig und widerwärtig. In den Veröffentlichungen auf ihrer Internetseite stellt sich die Landkreis-CDU hinter den Landrat. Nur die Opposition im Kreistag von PDS, FWU und SPD hat für den nötigen Druck gesorgt.“
Die PDS-Kreistagsfraktion sieht in der Anklage die notwendigen Konsequenzen eines selbstherrlichen Handelns von Hertwich. Barbara Drechsel, PDS-Fraktionschefin spricht von Verdacht des Amtsmissbrauches und der Korruption durch Hertwich. „Die Ergebnisse von drei Ausschüssen zur Akteneinsicht haben diesen Verdacht erhärtet.“
Nach Auffassung von Drechsel wollte die CDU-Fraktion die Probleme einfach aussitzen, statt zu handeln. „Alle gegen die Opposition im Kreistag gerichteten Vorwürfe der CDU, dass wir mit der Aufklärungsarbeit den Landkreis lähmen würden, dienten nur einem Ziel, den Landrat zu stützen. Die am Mittwoch angekündigten Konsequenzen der CDU des Landkreis kommen sehr spät“, kritisierte Drechsel.
(FW)