Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 19:10 Uhr, 28.06.2004

SPD-Chefin Krehl erklärt nach parteiinterner Wahlschlappe ihren Rücktritt

Fraktionschef will Amt übernehmen
 
Dresden (ddp-lsc). Aus dem seit mehreren Monaten schwelenden Streit um die Führung der sächsischen SPD geht Fraktionschef Thomas Jurk als Sieger hervor. Nachdem seine innerparteiliche Widersacherin Constanze Krehl am Montag die Konsequenzen aus ihrer Wahlschlappe beim Parteitag vom Wochenende zog und mit sofortiger Wirkung vom Parteivorsitz zurücktrat, erklärte der 42-jährige Jurk in Dresden: «Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen». Um die kommissarische Führung sei er von Parteivize Rolf Schwanitz gebeten worden, der dies ihm gegenüber mit der Stimmung in der Partei begründet habe. Am Dienstagabend will der Landesvorstand in Dresden über die Personalie befinden. Seine Zustimmung gilt als sicher.

Krehl hatte ihre Rücktrittserklärung mit indirekten Angriffen auf Jurk verbunden. So warf sie der SPD-Basis vor, auf der Landesdelegiertenkonferenz am Sonntag in Döbeln «eine klare Richtungsentscheidung gegen Sachpolitik getroffen» zu haben. Deswegen werde sie auch für den zweiten Listenplatz für die Landtagswahl am 19. September nicht mehr zur Verfügung stehen.

Jurk nannte die Begründung von Krehl für ihren Rücktritt nicht nachvollziehbar. «Wenn sie es wirklich so selbst verfasst hat», sei das mit «tiefem Frust» geschehen. «Rational lässt sich das nicht erklären», befand Jurk.

Bei der Wahl auf den zweiten Listenplatz hatte die 47 Jahre alte Europarlamentarierin lediglich eine Zustimmung von 55,2 Prozent erreicht. Als Ursache für diese Wahlschlappe gilt ein innerparteilicher Flügelstreit. Zwischen Krehl und dem mit 89,7 Prozent gewählten Spitzenkandidaten Jurk gab es deutliche Differenzen unter anderem bei Personalfragen. Mehrere dem Jurk-Lager zugerechnete Kandidaten hatten sich am Sonntag bei Kampfabstimmungen für vordere Listenplätze durchgesetzt.

Ursprünglich wollten Jurk und Krehl als «Team» in den Wahlkampf gehen, nachdem der von beiden favorisierte Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee im Herbst 2003 eine

SPD-Spitzenkandidatur abgelehnt hatte. Mit Blick auf diese Strategie sagte Jurk: «Das Team ist vorbei, das ist Geschichte».

Zugleich kritisierte Jurk den Landesvorstand, der am Samstag den von ihm und Krehl erarbeiteten Listenvorschlag noch einmal massiv geändert hatte. «Die Partei braucht einen Neubeginn», sagte Jurk und betonte, dies sei nicht nur eine Frage des Landesvorsitzes, sondern auch dieses Parteigremiums.

Der scheidende SPD-Landtagsabgeordnete Hanjo Lucassen erklärte, er sei der Überzeugung, «dass mit neuen Gesichtern ein Neustart möglich ist». Sachsens Juso-Chef Martin Dulig nannte den Rücktritt Krehls konsequent. Angesichts des bevorstehenden Wahlkampfs komme es nun aber darauf an, nicht monatelang Wunden zu lecken.

CDU-Generalsekretär Hermann Winkler sieht indes «die SPD-Chaospolitik» auf ihrem vorläufigen Höhepunkt. Es sei verantwortungslos, in einer Zeit, wo in Berlin eine starke Stimme gebraucht werde, das Handtuch zu werfen.

(Quellen: Jurk und Lucassen vor Journalisten in Dresden; Krehl in Erklärung; Dulig auf Anfrage; Winkler in Pressemitteilung)
(Von Tino Moritz)
ddp/tmo/roy
281910 Jun 04

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