Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, Seite 3, 30.07.2004

Justiz ermittelt gegen Landtagsabgeordnete

Hartmannsdorfer Bürgermeisterin steht im Verdacht, 70.000 Euro Fluthitfegelder zweckentfremdet zu haben - Großteil inzwischen zurückgezahlt
 
Zwickau/Dresden. Den von der Staatsanwaltschaft Zwickau angekündigten Ermittlungen gegen dieseit 1994 im sächsischen Landtag sitzende CDU-Abgeordnete Kerstin Nicolaus steht offenbar nichts mehr im Wege. Wie das Büro des Landtagspräsidenten gestern mitteilte, befinde sich ein entsprechendes Bestätigungsschreiben an die Zwickauer Ermittlungsbehörde auf dem Weg. Die Zustimmung des Landtagspräsidenten muss in solchen Fällen eingeholt werden, mit ihr einher geht in Sachsen jedoch noch nicht die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten. Die 43-jährige Nicolaus genießt -wie jeder Landtags- und Bundestagsabgeordnete - einen verfassungsrechtlich garantierten Schutz vor Strafverfolgung. Sollte es im Zuge der Ermittlungen zur Anklageerhebung kommen, müsste der Landtag zuvor die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten beschließen.

Kerstin Nicolaus, die auch Bürgermeisterin der Gemeinde Hartmannsdorf im Zwickauer Land ist, steht im Verdacht, Fluthilfegelder zweckentfremdet eingesetzt zu haben. Es werde wegen Betruges, Untreue und Absprachen bei der Vergabe von öffentlichen Bauleistungen ermittelt, so die Staatsanwaltschaft. Konkret geht es um 70.000 Euro Hilfsgelder, mit denen ein privater Feldweg zu einer drei Meter breiten kommunalen Betonstraße ausgebaut wurde, an der ein Grundstück der Bürgermeisterin liegt, das damit eine erhebliche Wertsteigerung erfuhr. Die Gemeinde habe zum 1. Juni 6o.ooo Euro zurückgezahlt, teilte inzwischen die Staatskanzlei mit.

Experten gehen davon aus, dass in den nächsten Wochen weitere Rückzahlungen fällig sind, denn der Landesrechnungshof hatte in seinem Prüfbericht im April gravierende Mängel in insgesamt 32 Kommunen aufgespürt, die zuvor stichprobenartig kontrolliert worden waren. Seitdem prüft eine neue Gruppe bis Ende August noch einmal die Verwendung von Flutgeldem auf etwa 500 vom Hochwasser betroffenen Baustellen in Kommunen.

Befremden löst vor allem unter den Oppositionsfraktionen im Landtag die Tatsache aus, dass ausgerechnet die sozialpolitische Sprecherin der CDU Hilfsgelder zweckentfremdet haben soll. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle fordert zügige Konsequenzen. Schließlich will Kerstin Nicolaus bei den Wahlen am 19. September erneut als Direktkandidatin in ihrem Wahlkreis im Zwickauer Land den Sprung ins Landesparlament schaffen. „Die CDU darf die Vorwürfe nicht bis nach der Wahl aussitzen. Dafür schwappt ihr die Flutmittelbereicherungsbrühe einfach zu stark ins eigene Haus", fordert Nolle.

Auf den Unterschied in der verwaltungs- und strafrechtlichen Behandlung des Falles machte Stephan Heinemann aufmerksam. „Es ist nicht auszuschließen, dass der Gemeinde oder den von ihr beauftragten Planungsbüros Fehler unterlaufen sind", stellte der Dresdner Anwalt von Kerstin Nicolaus fest.

„Disziplinar- und strafrechtlich wird meine Mandantin jedoch aufrechten Hauptes aus diesem Verfahren hervorgehen", meinte Heinemann. Der Vorwurf, Fördermittel vorsätzlich zweckentfremdet zu haben, könne Nicolaus nicht treffen. Den Antrag an den Landtagspräsidenten, Ermittlungen aufnehmen zu können, bezeichnete Heinemann als „Formsache".

Seine Partei nehme die Vorwürfe zwar ernst, erkenne im derzeitigen Stadium aber keinen Handlungsbedarf, kommentierte CDU-Generalsekretär Hermann Winkler den Fall Nicolaus. Erst mit einer Anklageerhebung stelle sich die Frage einer Immunitätsaufhebung. Den von Kerstin Nicolaus gewonnenen Wahlkreis sieht Whikler für die CDU indes nicht gefährdet.
(Von Gabi Thieme und Hubert Kemper)

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