Agenturen ddp-lsc, 20 :19 Uhr, 09.08.2004
"Zweifelsfrei" - Birthler-Behörde sieht eindeutige Hinweise für Stasi-Tätigkeit Porschs
PDS-Landesvorstand spricht Vertrauen aus
Berlin/Dresden (ddp-lsc). Die Birthler-Behörde bestätigt die Existenz von Akten zu einer früheren IM-Tätigkeit von
PDS-Fraktionschef Peter Porsch. Unterlagen zu ehemaligen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) würden «als solche nur dann herausgegeben, wenn sie zweifelsfrei auf eine IM-Tätigkeit hinweisen und die Identität der mit Decknamen erwähnten Person feststeht», teilte der Pressesprecher der Behörde, Christian Booß, am Montag in Berlin mit, nachdem die Stasi-Vorwürfe bekannt geworden waren. «Beides war hier der Fall», fügte Booß mit Verweis auf die Vorwürfe gegen Porsch hinzu. Ungeachtet dessen sprach der
PDS-Landesvorstand dem Spitzenkandidaten der Partei zur Landtagswahl am 19. September das Vertrauen aus.
Porsch sieht sich Anschuldigungen ausgesetzt, wonach er seit 1970 für die DDR-Staatssicherheit aktiv gewesen sein soll. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Focus» soll der inzwischen
59-Jährige als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) «Christoph» für die für Auslandsspionage zuständige Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) tätig gewesen sein und außerdem über die Lesung einer SED-kritischen Autorin in der Wohnung seiner späteren Frau berichtet haben. Porsch hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Weder habe er sich «wissentlich» mit einem Stasi-Offizier getroffen, noch eine Verpflichtungserklärung unterschrieben.
Behördensprecher Booß widersprach der Kritik Porschs, wonach vertrauliche Daten über seine Ehefrau an die Öffentlichkeit weitergegeben worden seien. Booß betonte, in Bezug auf Dritte seien die Kopien vor ihrer Weitergabe sorgfältig anonymisiert worden. «Unterlagen mit dem Klarnamen der jetzigen Ehefrau von Peter Porsch wurden nicht herausgegeben», hob er hervor.
Booß widersprach Darstellungen, wonach die Veröffentlichung in einem Zusammenhang mit der Landtagswahl steht. Anlass der Aktenherausgabe sei ein rechtlich zulässiger Medienantrag gewesen, den der «Focus» im November 2003 gestellt habe.
Zugleich wies Booß darauf hin, dass vor Herausgabe der Unterlagen an «Focus» die dafür zuständigen Stellen rechtzeitig informiert worden seien, im Fall Porsch der Landtag und das Wissenschaftsministerium. Die Behörde habe folglich gemäß
Stasi-Unterlagen-Gesetz gehandelt. Booß wies damit Kritik von Porschs Anwalt Klaus Bartl zurück. Dieser hatte der Behörde Verfassungsbruch vorgeworfen, da sie Porsch nicht vorab über die Herausgabe der Daten informiert habe. Bartl kündigte eine Klage gegen die Birthler-Behörde an.
Der PDS-Landesvorstand stellte sich hinter Prosch. Die Vorwürfe, ausgerechnet vor der heißen Phase eines wichtigen Wahlkampfes, seien nicht zufällig. «Die Art, in der diese Vorwürfe erhoben werden, zeugt davon, dass 14 Jahre nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit Menschen mit ostdeutschen Biografien noch immer als Bürger zweiter Klasse behandelt werden. Die dubiose Hinterlassenschaft eines einstigen Geheimdienstes wird noch immer gegen sie verwendet, wenn es für opportun erscheint», heißt es in einer Erklärung.
(Von Alessandro Peduto und Karsten Frerichs)
(Quellen: Booß in Mitteilung und auf ddp-Anfrage;
PDS-Landesvorstand in Erklärung; Bartl auf ddp-Anfrage)
(www.bstu.de)
ddp/ape/roy
092019 Aug 04