Karl Nolle, MdL

Leipziger Volkszeitung LVZ/DNN, 18.08.2004

IM Christoph pirschte sich von hinten an sein Ziel heran

 
Leipzig. Weiteres Belastungsmaterial gegen Peter Porsch. Ein IM-Bericht und ein Maßnahmeplan der Stasi, deren Kopien unserer Zeitung vorliegen, lassen kaum Zweifel: Der jetzige PDS-Spitzenkandidat leistete 1985 bei der Bespitzelung eines Journalisten emsige Dienste, pirschte sich an sein Opfer gezielt heran.

Karl Corino, damals Literaturchef beimHessischen Rundfunk, kam als Kenner der DDR-Szene regelmäßig zur Frühjahrsmesse nach Leipzig. Vor dem 85er Besuch beschloss die Leipziger Stasi seine Überwachung. In den Papieren heißt es, dass der Inoffizielle Mitarbeiter (IM) Christoph von der Auslandsspionage Corino persönlich kenne und bereits 1984 in dieser Sache im Einsatz gewesen sei. Deshalb sollte für die 85er Messe geprüft werden, "ob IM offensiv genutzt werden kann". Jener IM Christoph war laut Birthler-Behörde der Stasi-Deckname von Porsch.

IM Christoph nahm am 11. März 1985 an einer Lesung von Schriftsteller Benito Wogatzki in der Gutenberg-Lesestube teil, zu der auch der Westjournalist erschien. Im Bericht von IM Christoph heißt es: "Nach der Lesung strebte Corino dem Ausgang zu. Ich ging hinter ihm her und klopfte ihm auf die Schulter und sagte, daß ich ihn doch einmal ansprechen müßte, er wäre doch im Vorjahr bei uns in der Wohnung zu einer Lesung gewesen." Corino ließ sich auf eine Plauderei ein, erinnerte sich an die Veranstaltung mit Schriftstellerin Christa Moog, die 1984 in der Wohnung von Porschs Partnerin Regine stattgefunden hatte.

Der IM vermerkte in seinem Bericht mit kaum unterdrückter Eitelkeit, wie geschickt er sich angestellt habe: "Ich hatte den Eindruck, daß Corino das Zusammentreffen mit mir dem Zufall zuschreibt." IM Christoph lud Corino zu sich und Regine ein, doch der Journalist wandte sich anderen Bekannten zu. "Corino war mit diesen Leuten noch verabredet und ich hatte den Eindruck, dass an diesem Abend noch etwas geplant war... Die mußten mit dem Auto gewesen sein, die hatten alle keine Mäntel an."

Aus den Stasi-Unterlagen geht hervor, dass 1985 die Bespitzelung von Porschs Lebenspartnerin eingestellt wurde, "da Werbung als IM vorgesehen ist". Porsch behauptet, nie wissentlich mit der Stasi gesprochen zu haben. Diese könnte ihn allenfalls abgeschöpft und daraus Berichte gestrickt haben. Aus Sicht von Experten erscheint dies im Fall Corino äußerst unglaubwürdig. Der IM-Einsatz war geplant, und der Bericht entstand nur einen Tag nach dem Treffen. Auch der Stil - IM Christoph schätzte den Konjunktiv - lässt eher auf den Germanisten Porsch als auf Stasi-Bürokraten als Ghost-Writer schließen. Porsch will sich morgen in einer Pressekonferenz zu den Vorwürfen äußern.
(von Armin Görtz)

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