Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland - ND, 26.08.2004

Sachsen droht neuer Beihilfeskandal. QMF-Affäre: Ministerpräsident Milbradt (CDU) bestreitet Mitwisserschaft

Die sächsische CDU-Landesregierung steht möglicherweise vor einem neuen Subventionsskandal.
 
Einem Bericht des »stern« zufolge sollen 42 Millionen Mark an Beihilfen für das damals landeseigene Zentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) beim späteren Verkauf des Unternehmens gegenüber der EU-Kommission verschwiegen worden sein. Die zwischen 1993 und 1996 gezahlten Gelder seien entgegen den Bestimmungen zum Verlustausgleich genutzt worden.

Sollten sich die Behauptungen bestätigen, wäre das bereits die zweite Subventionsaffäre im Zusammenhang mit ZMD. Vorausgegangen ist ein Skandal um die Qualifizierungsgesellschaft für Mikroelektronik und Fahrzeugbau (QMF), die 1998 im Zusammenhang mit der ZMD-Privatisierung gegründet wurde. QMF soll 21 Millionen Euro an EU-Mitteln rechtswidrig verwendet haben. Die zur Weiterbildung entlassener Mitarbeiter bestimmten Gelder wurden faktisch als Lohnzuschüsse eingesetzt. Informiert war nach jüngsten Berichten auch die damalige Spitze des Wirtschaftsministeriums. Vor einem Untersuchungsausschuss des Landtages hatten dies bisher alle Ministeriumsvertreter geleugnet.

Auch der damalige Finanzminister und heutige Ministerpräsident Milbradt stritt bei seiner gestrigen Anhörung jegliche Verantwortung ab. Er könne »aus eigener Anschauung nur wenig sagen«, weil er »nicht zuständig« gewesen sei, so Milbradt in der teils turbulenten Sitzung. Bei Nachfragen des Ausschusschefs André Hahn (PDS) verlor Milbradt mehrfach die Contenance und herrschte diesen an, er solle die Anhörung »nicht zu einer parteipolitischen Veranstaltung im Wahlkampf ausarten lassen«.

Der im Februar 2003 eingesetzte Ausschuss sollte ursprünglich mögliche Zusammenhänge zwischen dem Verkauf von ZMD an die Sachsenring AG und einer Imagekampagne für die CDU im Wahlkampf 1999 klären. Seit Auftauchen der QMF-Vorwürfe im Frühjahr weitete der Ausschuss sein Arbeitsfeld aus, weshalb Milbradt nach einer ersten Anhörung im Dezember 2003 erneut geladen wurde.

Während der Regierungschef die Zuständigkeit an das Wirtschaftsministerium und dessen früheren Chef Kajo Schommer delegiert, sehen Ausschussmitglieder wie der SPD-Politiker Karl Nolle eine Mitverantwortung. Milbradt sei nicht nur Kabinettsmitglied gewesen, sondern verkörpere auch die »politische Kontinuität« zur Vorgängerregierung unter Kurt Biedenkopf.

Die jüngsten Vorwürfe wird der Untersuchungsausschuss nicht mehr aufklären können: Wegen der bevorstehenden Wahl im September tagte das Gremium gestern zum letzten Mal. Allerdings laufen zum Thema QMF auch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Politisch sind auch die neuesten Vorwürfe von höchster Brisanz. Nach Meinung eines Abgeordneter sind sie Hinweis darauf, dass »mit kriminellen Methoden die EU beschissen wurde«.
Von Hendrik Lasch, Dresden

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