Sächsische Zeitung, 28.08.2004
Juristischer Sprengstoff
Strenge Kündigungsschutzvorschriften für Abgeordnete / PDS äußert sich empört
Die fristlose Entlassung des PDS-Spitzenkandidaten Peter Porsch als Leipziger Hochschullehrer drei Wochen vor der Landtagswahl bietet nicht nur juristischen, sondern auch politischen Sprengstoff. Porsch selbst und weitere PDS-Politiker stellten die Entscheidung von Wissenschaftsminister Matthias Rößler (CDU) gestern als gezielte Wahlkampf-Attacke dar.
Die PDS-Landesvorsitzende Cornelia Ernst nannte die Kündigung unverschämt. „Der Bogen ist überspannt“, sagte sie und gab sich sicher, dass der Vorgang den Wahlkampf kaum negativ beeinflussen werde. „Das wird uns nur noch mehr mobilisieren.“ PDS-Fraktionsgeschäftsführer André Hahn sprach von „blanker Willkür“ und einer „Rache-Aktion“. PDS-Fraktionschefs aus anderen Bundesländern versicherten Porsch ihr Vertrauen.
Die PDS hatte kritisiert, dass die Personalkommission keine Rücksicht auf die Terminprobleme seines Anwaltes genommen habe. Der Bitte um eine Verschiebung der Anhörung sei das Gremium nicht nachgekommen. Der Termin fand ohne Porsch statt.
Möglicherweise befürchtete die Kommission, dass eine fristlose Kündigung wegen zeitlicher Verzögerungen rechtlich nicht mehr haltbar gewesen wäre. Eine fristlose Entlassung kann nur innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes, in diesem Fall nach Kenntnis der neuen Stasi-Unterlagen, ausgesprochen werden.
Eine fristgemäße Kündigung Porschs ist nicht möglich, weil die ordentliche Kündigung von Landtagsabgeordneten gesetzlich ausgeschlossen ist.
Der Rektor der Uni Leipzig, Professor Franz Häuser, sagte der SZ, die Hochschule akzeptiere die Kündigung. Nach dem Votum der Personalkommission habe die Regierung keine andere Wahl gehabt. Die Reaktionen seien unterschiedlich: „Es gibt Leute, die sagen, das haben wir schon immer gewusst. Andere meinen, das war eine politische Entscheidung. Und eine weitere Gruppe will von dem Thema nichts mehr hören.“ Er habe nicht feststellen können, dass sich Mitglieder der Universität für den Germanistik-Professor besonders eingesetzt hätten.
SPD-Spitzenkandidat Thomas Jurk sagte, jetzt müsse aufgeklärt werden, warum Porsch Anfang der 90er Jahre als einziger keinen Stasi-Fragebogen ausfüllen musste. Eine Begründung des damaligen Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer (CDU) ist nicht bekannt. Eine Entlassung wegen „unwahrer Angaben“ war anders als in vergleichbaren anderen Fällen deswegen nicht möglich. (mit dpa/ddp)
(von Karin Schlottmann)