Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung Görlitz, 09.09.2004

Filz und Korruption

SPD-„Chefaufklärer“ Nolle stand Rede und Antwort
 
Nicht einmal zwei Dutzend Görlitzer waren in die Vierradenmühle gekommen, um am Dienstagabend mit dem Dresdner SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle zum Thema „Ist die politische Kultur noch zu retten? – Über Filz und Korruption in Sachsen“ zu diskutieren.

Neues hatte der schwergewichtige Sozialdemokrat nicht zu berichten. Dafür verlas er eine halbe Stunde lang eine Landtagsrede, die er seinerzeit in der Debatte zum Paunsdorf-Untersuchungsausschuss gehalten hatte. Es ging in ihr und in den übrigen Reden Nolles um den früheren Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU). Und darum, wie dieser Sachsen als Selbstbedienungsladen für seine Freunde und Familie genutzt habe. Überdies habe die sächsische Regierung „vorsätzlich mit kriminellen Methoden die EU betrogen“, sagte Nolle. Beispielsweise im Fall ZMD.

Außerdem nannte er die astronomischen Gehälter von Geschäftsführern staatlicher Unternehmen und Banken. Er erinnerte daran, dass Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) ein privates Darlehen von unbekannter Höhe und zu unbekannten Konditionen von einer staatlichen Bank erhalten habe, deren Verwaltungsratschef Milbradt ist. „So viel ist klar, das stinkt“, sagte Nolle. Gleichzeitig zählte er christdemokratische Landtagsabgeordnete, einen Landrat, einen Bürgermeister und einen Staatssekretär auf, die ihre Position ausgenutzt haben, um hemmungslos in die eigene Tasche zu wirtschaften. Mehrheiten im Parlament bergen immer die Gefahr, sich zu verselbstständigen und einen Filz zu bilden, sagte der Sozialdemokrat. Die Losung laute daher: „Kader in die Produktion!“

Kritik übte Nolle auch an der eigenen Regierung: „Hartz IV mag ein Modell sein, das die Situation der Sozialhilfeempfänger im Westen verbessert, aber es muss auch ein Ost-Hartz IV geben“, das der Situation hier Rechnung trage. Den durch die neuen Regelungen eintretenden Kaufkraftverlust in Sachsen schätzte Nolle auf 0,5 bis eine Milliarde Euro. Jeder könne sich ausrechnen, was das an neuen Arbeitslosen produziere. Andererseits sei die Reform „richtig und wichtig“. (SZ/pc)

Karl Nolle im Webseitentest
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