DNN/LVZ, 25.09.2004
Schwarz-Rot an Sachsens Horizont Milbradt sieht SPD als Koalitionspartner der CDU
Jurk steht bereit / Tiefensee mit im Gespräch
D r e s d e n (dpa/J.K./ddp/rare). Nach den erdrutschartigen Stimmverlusten der CDU bei der Landtagswahl am Sonntag stehen die Zeichen in Sachsen auf Annäherung von Union und SPD. Führende sächsische Sozialdemokraten bekundeten gestern ihre grundsätzliche Bereitschaft zu einer Regierungsbildung mit der CDU. Auch Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) sagte am Abend, er sehe die SPD als potenziellen Koalitionspartner.
Der Regierungschef sagte nach der Vorstandssitzung seiner Partei, die Koaltion ergebe sich angesichts der zahlenmäßigen Konstellation im Landtag von allein. Zugleich kündigte er aber Gespräche mit FDP und Grünen an. Das CDU-Präsidium wurde ermächtigt, eine Verhandlungskommission zu bilden.
Der sächsische SPD-Landeschef Thomas Jurk erneuerte gestern das Koalitionsangebot an die CDU. Nach seiner Ansicht wäre eine Regierungsbeteiligung eine große Chance für die SPD. Sie könne genutzt werden, die Position der Sozialdemokraten in Sachsen zu stärken. In möglichen Koalitionsverhandlungen seien die Schwerpunkte für ihn die regionale Wirtschaftsförderung und die Bildungspolitik. Auch der CDU-kritische SPD-Abgeordnete
Karl Nolle hält eine Koalition mit der Union "im Interesse des Landes grundsätzlich nicht für unmöglich". Dagegen reagierten
Grüne und FDP skeptisch auf Milbradts Ansinnen, auch mit ihnen Gespräche zu führen. Sowohl der liberale Landeschef Holger Zastrow als auch Grünen-Landesgeschäftsführer Andreas Jahnel stellten klar, aufgrund programmatischen Differenzen nicht für eine Koalition mit der CDU zur Verfügung zu stehen.
Bis zum späten Sonntagabend hatte zunächst ein Zusammengehen von CDU und FDP in Dresden als wahrscheinlich gegolten. Erst kurz vor Mitternacht stand auch der Einzug der Grünen in das Parlament fest. Damit fehlt dem bürgerlichen Lager im neuen Landtag mit nunmehr sechs Fraktionen ein Sitz zur absoluten Mehrheit.
Unterdessen kursierten gestern erste Spekulationen über mögliche SPD-Minister in einem schwarz-roten Kabinett. Als möglicher Kultusminister wurde Gunther Hatzsch aus Leipzig gehandelt, der als sachsenweit einziger SPD-Direktkandidat in den neuen Landtag einzieht. Im Gespräch sind darüber hinaus die Chemnitzer Sozialdezernentin Barbara Ludwig sowie Gerald Thalheim, SPD-Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium. Als Joker wird erneut Wolfgang Tiefensee (SPD) gehandelt. Leipzigs OB ist in SPD-Kreisen als möglicher Wirtschaftsminister im Gespräch.
Überproportional ist Dresden im neuen Parlament vertreten. Laut Kreiswahlleiter Detlef Sittel (CDU) ziehen 22 Abgeordnete mit Dresdner Wohnsitz in den Landtag ein, darunter Georg Milbradt und die ehemalige Dresdner Schülersprecherin Julia Bonk (PDS). Bei einem Bevölkerungsanteil von elf Prozent entspreche dies 18 Prozent der Mandate, rechnete Sittel vor.