Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 06.10.2004

"Aktenvernichtung wäre Fall für den Staatsanwalt"

 
Dresden. 1998 im Bundeskanzleramt: die Machtverhältnisse haben sich geändert, plötzlich sollten Akten zur Leuna-Affäre verschwunden sein. Schließlich wird ein unabhängiger Kontrolleur beauftragt, der Sache auf den Grund zu gehen. DNN sprach mit dem sächsischen Datenschutzbeauftragten, Andreas Schurig, über den Umgang mit Daten, wenn sich in der sächsischen Regierung die Machtverhältnisse ändern.

Haben Sie die Vorgänge jetzt in Sachsen im Blick?

Grundsätzlich kann ich nur im Rahmen meiner gesetzlichen Kompetenzen aktiv werden. Ich kontrolliere den Umgang mit personenbezogenen Daten in den Behörden, aber nicht generell die Aktenvollständigkeit. Allerdings dürfen personenbezogene Daten nur auf gesetzlicher Grundlage gelöscht werden. Ein personeller Wechsel an der Ministeriumsspitze reicht dafür nicht aus. Datenschutzrechtlich kritisch wäre in diesem Zusammenhang auch der Fall, dass zur Aufklärung solcher Vorwürfe ein so genannter "unabhängiger" Dritter berufen wird, wie es seinerzeit beim Bund mit dem FDP-Politiker Burkhard Hirsch geschah. Das wäre aus Gründen des Personaldatenschutzes unzulässig.

Was passiert, wenn Akten verschwinden etwa zu dubiosen Fördervorgängen?

Wenn Unterlagen zu solchen Dingen oder zu ministeriellen Entscheidungen verschwinden, wäre das natürlich ein Fall für den Staatsanwalt, der dem Verdacht der Urkundenunterdrückung nachgehen müsste. Bislang habe ich darauf aber keinerlei Hinweise.

Was erwarten Sie von den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD?

Die SPD hatte in der Vergangenheit ein Informationsfreiheitsgesetz gefordert, dass den Zugang der Bürger zu bei den Behörden gespeicherten Informationen ermöglichen sollte. Dies würde auch gelten, wenn sie nicht betroffen sind - zum Beispiel bei Planungsverfahren. Eine solche Regelung gibt es schon in anderen Ländern. Da ist der Datenschutz unmittelbar berührt. Wir werden sehen, ob die SPD dieses Projekt in die Verhandlungen einbringt.
Interview: Ingolf Pleil

Karl Nolle im Webseitentest
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