Sächsische Zeitung, 25.10.2004
Koalitionäre stecken fest
Milbradt-Wahl droht Verschiebung / SPD sauer über Personalspekulation: „Unfug“
Nach sieben Runden stecken die Koalitionspartner in einer Sackgasse. Nun droht die Terminkette für die am 10. November geplante Regierungsbildung zu platzen.
Der bisherige Fahrplan zur Regierungsbildung in Sachsen ist möglicherweise schon Makulatur. Der Grund: Auch die am vergangenen Freitag gestartete Gesprächsrunde zu den brisanten Streitthemen Schule, Universität und Kultur ist am frühen Sonnabendmorgen weitgehend ergebnislos abgebrochen worden. Aus verärgerten Teilnehmerkreisen hieß es dazu, es mangele „eindeutig nicht am Willen aller anderen, sondern eines Einzelnen“.
Hintergrund dieser Kritik ist offenbar die massive Weigerung von Regierungschef und CDU-Verhandlungsführer Georg Milbradt, zusätzlichen Ausgaben im neuen Landeshaushalt zuzustimmen. Diese sind jedoch unabwendbar, wenn sich die Sozialdemokraten mit ihren Kernforderungen wie einer Schulreform, Verbesserung der Hochschulfinanzierung sowie dem Erhalt eines neunstündigen Kita-Angebotes durchsetzen wollen. Die bis heute ergebnislose Konfrontation am Verhandlungstisch lässt nun die für den 10. November geplante Wahl des neuen Regierungschefs durch den Landtag in weite Ferne rücken. Voraussetzung wäre, dass sich CDU und SPD am morgigen Dienstag nicht nur über sämtliche bisher ungelöste Streitfragen, sondern auch über die Eckdaten des Landeshaushalts für 2005/2006 einigen. Zusätzlich müssten am kommenden Freitag die Aufteilung der einzelnen Ministerien sowie die wichtigsten Personalfragen geklärt sein. Nur so kann wie geplant am 2. November der Koalitionsvertrag unterzeichnet und am folgenden Wochenende durch Sonderparteitage von CDU und SPD abgesegnet werden. „Das ist kaum zu schaffen“, hieß es am Wochenende von mehreren Seiten.
Für zusätzliche Unruhe sorgen die anhaltenden Personalspekulationen. Diesmal mussten dafür zwei Berliner Politiker herhalten, die tatsächlich bereits seit Beginn der Koalitionsgespräche zu den Kandidaten für sächsische Ministerposten gehören. Eine Meldung, wonach der Staatsminister im Bundeskanzleramt Rolf Schwanitz auf Druck der SPD-Bundesspitze definitiv einen Dresdner Kabinettsplatz bekommen soll, sich dagegen aber noch wehrt, rief bei der Sachsen- SPD nur Kopfschütteln hervor. Das sei „grober Unfug“. Über Personalien habe man noch nicht gesprochen, weil unklar sei, welche Ministerien man übernehme. Zudem lasse man sich diese Entscheidung „nicht aus Berlin diktieren“. Das gelte auch für Gerald Thalheim. Der Staatssekretär im Berliner Verbraucherschutzministerium soll angeblich als Ersatzvariante für Schwanitz feststehen.
Von Gunnar Saft