Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung am Sonntag, 07.11.2004

CDU-Spitze fegt Proteste weg

Gute Miene, böses Spiel. Christdemokraten stimmen dem Koalitionspapier zu und Milbradts Kritiker ziehen sich vorerst zurück.
 
Ein geschickter Schachzug sorgte in letzter Minute dafür, dass den Delegierten des CDU-Sonderparteitages ein öffentlicher Schlagabtausch erspart blieb. Am Vorabend hatten sich die Gruppe der parteiinternen Kritiker um den Landtagsabgeordneten Roland Wöller und die amtierende CDU-Spitze überraschend auf einen Kompromiss geeinigt: So wird die verpatzte Landtagswahl in den kommenden Monaten tatsächlich zu drei Regionalkonferenzen führen. Auch einen Sonderparteitag soll es anschließend geben, der sich mit Fehleranalysen und besseren politischen Konzepten beschäftigen soll.

Doch was vorab noch als Misstrauensvotum gegen die Parteispitze gedacht war, schreiben CDU-Landeschef Georg Milbradt und dessen Generalsekretär Hermann Winkler sich nun auf die eigenen Fahnen. Der CDU-Landesvorstand selbst brachte einen entsprechenden Antrag erfolgreich ein und drehte so den Spieß um. Nicht auf Kosten der Parteispitze, sondern unter ihrer Führung soll sich die Basis nun die Wunden lecken. Die „jungen Wilden“ mussten das still akzeptieren, denn gestern wurde schnell klar, dass ihr Ruf nach einer Radikalkur und neuen Köpfen nicht die Mehrheit der Delegierten hinter sich gebracht hätte, im Gegenteil. Ihnen sei zuvor „gehörig der Kopf gewaschen“ worden, hieß es auf den Gängen zum Ausgang des internen Machtkampfs.

Damit war der Weg frei für Milbradts Koalitions-Fahrplan. Mit wenigen Gegenstimmen brachte er das umstrittene Koalitionspapier auf dem Parteitag durch, obwohl sich einige Redner über die „großen Kröten“ beschwerten, die der CDU-Chef damit seiner Partei zumute. Besonders das Abtreten des Wirtschaftsministeriums an die SPD sei ein Fehler, hieß es in der halbstündigen Debatte. Milbradt hatte zuvor anders argumentiert. Ohne die Aufgabe eines Kernressorts wäre die Koalition nicht zustande gekommen. Und auch ein SPD-Minister könne angesichts der Wirtschaftslage nichts anderes tun, als CDU-Politik zu betreiben, meinte er, ohne im Saal jeden zu überzeugen. Also versuchte er es mit anderen Punkten. Weder bei Bildung, Kinderbetreuung, Polizei oder Kultur habe man CDU-Positionen aufgegeben. Es werde in Sachsen „keine sozialistischen Experimente“ geben. Und selbst für die höhere Neuverschuldung gab es entschuldigende Worte. „Die mussten wir akzeptieren und sie ist auch akzeptabel.“

„Keine bayrischen Verhältnisse“

Dann folgte der erwartete Aufruf ans Parteigewissen. Die CDU müsse zügig raus aus der Lethargie und mehr Bürgernähe zeigen, um wieder erfolgreicher zu sein. Anders als jene Delegierten, die nun den erneuten Kampf um die absolute Mehrheit forderten, dämpfte Milbradt die Erwartungen. Man sei von Verhältnissen wie in Bayern weit entfernt, erwiderte er, und setzte für viele CDU-Mitglieder einen ernüchternden Schlusspunkt hinter die vergangenen 14 Jahre. „Wir können die bayrischen Verhältnisse in Sachsen auch nicht erreichen.“ Gunnar Saft

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: