Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 11.11.2004

Blamage für Sachsen

Kommentar von Dieter Schütz
 
Schlimmer hätte der Start für Ministerpräsident Georg Milbradt in die zweite Amtszeit kaum ausfallen können. Die eigene Fraktion hat den Regierungschef regelrecht abgewatscht. Und nicht genug, dass Milbradt die absolute Mehrheit der Stimmen aus dem Regierungslager verfehlte – der eigentliche Skandal der gestrigen Wahl liegt darin, dass zwei Nicht-NPD-Abgeordnete für den rechtsextremen Gegenkandidaten gestimmt haben.

Keiner weiß, aus welcher Fraktion diese Parlamentarier kommen. Waren es CDU-Politiker, die sich bei der Besetzung wichtiger Posten von Milbradt übergangen fühlen? Vieles spricht dafür.

Klar ist: Jeder blamiert sich zwar so gut er kann. Mit dieser verantwortungslosen Aktion haben die beiden „Abweichler“ – aus welcher Fraktion sie auch stammen mögen – aber nicht nur dem Ministerpräsidenten geschadet, sondern auch Sachsen bis auf die Knochen blamiert. Die NPD wird sich damit brüsten, auch in den anderen Fraktionen des Landtags Sympathisanten zu haben.

Der gestrige Tag ist der neueste Beleg dafür, wie einschneidend das Wahlergebnis vom 19. September wirkt. Mit der Herrlichkeit der absoluten Mehrheit ist es für die CDU auf absehbare Zeit vorbei. Die Karten in der Landespolitik werden völlig neu gemischt. Milbradt erhält mit seiner Wiederwahl eine zweite Chance. Die allerdings ist mit ganz neuen Herausforderungen verbunden. Das Regieren wird ungleich schwieriger - der gestrige Tag war für Georg Milbradt ein deutlicher Warnschuss.

Er muss sich künftig bei allen wichtigen Entscheidungen nicht nur mit dem Koalitionspartner SPD arrangieren, die sich zwangsläufig profilieren muss, will sie bei der nächsten Wahl nicht wieder unter die Zehn-Prozent-Marke fallen.

Milbradt muss auch stets mit innerparteilicher Opposition rechnen. Er steht als jemand da, dessen Machtbasis schnell zu bröckeln droht. Sein Handicap: Im Vergleich zum Vorgänger Kurt Biedenkopf fehlt es ihm am Charisma des alles regelnden Landesvaters.

Sachsen gilt heute als ostdeutsches Musterland. Um diesen Ruf zu festigen, brauchen die Sachsen aber mehr Vertrauen in die eigene Tatkraft. Das zu vermitteln, ist Milbradt noch nicht gelungen. Davon hängen aber Erfolg oder Scheitern seiner zweiten Amtszeit ab.

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: