Sächsische Zeitung, 16.11.2004
Vier Wahlgänge nötig
SPD-Fraktion. Cornelius Weiss, Alterspräsident des Landtags, ist gestern zum neuen Vorsitzenden gekürt worden.
Die 13 Abgeordneten der SPD-Landtagsfraktion quälten sich gestern im Meeraner Hotel „Schwanefeld“ durch vier Wahlgänge. Erst dann hatte der neue Fraktionschef endlich eine deutliche Mehrheit: Elf Parlamentarier stimmten schließlich für den 71-jährigen Cornelius Weiss, bei einer Enthaltung und einer Nein-Stimme.
Drei Runden lang konnte keiner der vier Kandidaten das Rennen für sich entscheiden. Neben Weiss waren in jedem Durchgang die Fraktionsvize Simone Raatz und
Karl Nolle sowie Johannes Gerlach angetreten. Um mit einem unangefochtenen Fraktionschef aus der Wahl zu gehen, hatte man sich geeinigt, dass ein Kandidat die absolute Mehrheit erhalten muss.
Rund zwei Stunden lang bewegten sich die Mehrheiten aber kaum: Weiss lag knapp vor Gerlach, dahinter etwa gleich stark Raatz und Nolle. „Wir hätten auch noch Dutzende weitere Wahlgänge machen können“, fasste ein Abgeordneter die Patt-Situation zusammen. Schließlich zogen Weiss‘ Gegenkandidaten zurück.
Nolle war letztendlich über seine eigene Person gestolpert. Wie könne man den streitbaren Unternehmer, der als Skandaljäger nicht nur Altministerpräsident Kurt Biedenkopf vor sich her trieb, nach innen und außen vermitteln? Die Fraktion fand keine Lösung. Auch Raatz überzeugte nicht. „Der Vorsitz ist eine Nummer zu groß für sie“, meint ein Abgeordneter. Gerlach konnte immer noch punkten, da auch seine Person die von Ex-Fraktionschef Thomas Jurk favorisierte Übergangslösung dargestellt hatte.
„Es war kein Kampf, sondern eine gemeinsame Suche nach der geeigneten Person“, sagte Weiss der SZ nach der Wahl. „Alle Kandidaten sind ohne Verletzungen und ohne Demütigungen aus der Wahl gegangen.“
Nach den ersten beiden Jahren der Legislatur wird erneut ein Fraktionschef gewählt. Es gilt als sicher, dass Weiss dann den Platz frei machen wird. „Ich gehe immer einen Schritt nach dem anderen“, sagt Weiss dazu. Aber: „Die zwei Jahre müssen genutzt werden, um junge Leute aufzubauen.“
In dieser Zeit will Weiss „primus inter pares“ sein, Erster unter Gleichen. Als Hauptaufgabe sieht er die Koordination der Fraktion mit der Staatsregierung, der CDU-Fraktion und der Landespartei. Ein Moderator will er sein und mehr. „Wenn schnelle Entscheidungen gefragt sind, können wir nicht erst lange in Gremien diskutieren.“