Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 30.11.2004

Junger General schätzt alte Werte

 
Dresden. Seit vier Tagen ist er CDU-Generalsekretär in Sachsen, nun will er Akzente setzen. Wenn Michael Kretschmer über seine neue Rolle in der Partei spricht, ist schnell von "Zäsur" und "Aufbruch" die Rede. "Wir müssen einen Schnitt machen", meint der 29-Jährige, "inhaltlich und organisatorisch". "Wir", das meint die Sachsen-Union, die bei der Landtagswahl im September knapp 16 Prozentpunkte verloren hat; "Schnitt" bezieht sich auf die Aufstellung der CDU, nach innen wie nach außen.

Im Mittelpunkt für Kretschmer steht die Rückbesinnung auf alte Stärken der CDU. "Kernkompetenzen" nennt das der Bundestagsabgeordnete aus Görlitz und meint: Wirtschaft, Innere Sicherheit und Familie. "Sachsen ist der modernere Teil Deutschlands", zitiert er seinen Chef, Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). Hierauf müsse die Union bauen.

Darüber hinaus aber will Kretschmer neue Themenfelder besetzen. Heimat lautet das eine Stichwort des "Generals", das auf die eher konservative Klientel im ländlichen Bereich zielt. "Den Nationalstolz haben wir vernachlässigt", meint er und hat wohl auch die Wahlerfolge der rechtsextremen NPD im Blick. Die Sachsen-Union brauche eine "klare Sprache" und "mehr Mut, kritische Themen anzusprechen" - Asylpolitik zum Beispiel. Doch klar sei ebenso: "Einen Nazi werden wir nicht zur CDU holen." Es gehe eher um jene, die nur aus Protest ganz rechts gewählt hätten. Diese Bürger müsse die Union für sich gewinnen.

Das andere Feld betrifft moderne Themen wie den Umwelt- und Verbraucherschutz - als Annäherung an die Jungen sowie die Wähler in den Städten. Dahinter steht die Tatsache, dass die CDU in Sachsen gerade in Großkommunen und bei jungen Frauen gravierende Stimmverluste hat hinnehmen müssen. Das Gegenmittel à la Kretschmer lautet: "Wir müssen ein anderes Frauenbild vermitteln", es gehe darum, von verkarsteten Vorstellungen Abstand zu nehmen. Generell müsse das Umweltthema "mehr kommuniziert werden". Hinzu kommt eine Spur Ökologie im Kleinen. "Wir brauchen ein gesundes Lebensumfeld", meint Kretschmer - und wildert schon mal vorsorglich im Revier der Grünen.

Einige in der Union sind dennoch skeptisch. Von "Schlipsträger" und "Bügelfaltenpolitiker" ist CDU-intern die Rede, Jung-Karrieristen passten nicht zur Union als Volkspartei. Und so deutet der CDU-Abgeordnete Andreas Lämmel schon mal an, was manche denken. Kretschmer sei "eine gute Wahl", sagt der Dresdner, "nun kann er beweisen, dass junge Leute nicht nur Papiere schreiben können".

Positiv bewertet der Leipziger CDU-Abgeordnete Robert Clemen die Entscheidung für Kretschmer, doch auch er sieht Probleme auf den Neu-General zukommen. "Ich halte ihn für fit, das Amt auszufüllen", sagt Clemen. Offen sei allerdings, ob Kretschmer sich "auch bei älteren Mandatsträgern den nötigen Respekt verschafft".

Der Görlitzer kennt die Einwände. Im Gegenzug setzt er auf die Selbstheilungskräfte der Basis. Er werde auf die verschiedenen Gruppen zugehen, sagt er, alle einbinden und moderieren. Denn die Antwort der Union auf die Stimmverluste in den vergangenen Monaten müsse Aufbruch lauten. Und der könne nur "von unten" gelingen.






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