DNN/LVZ, 21.12.2004
Milbradt will CDU mit mehr Biss
Dresden. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Das Debakel beim Urnengang für den Landtag im September ist noch nicht verdaut, da orientiert sich die Union bereits in Richtung Leipzig, wo im April Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) zur Wiederwahl steht. Die Situation sei dort "schwierig", räumt CDU-Chef und Ministerpräsident Georg Milbradt ein. Bisher sei seine Partei dort "nicht besonders erfolgreich" gewesen. Im Januar 2005 solle ein Tiefensee-Gegenkandidat nominiert werden. Namen stehen allerdings noch nicht fest.
Fest steht indes, dass Milbradt sich künftig eine angriffslustige CDU wünscht. Die Union müsse wieder "kampagnenfähig" und "schlagkräftig" sein und besonders in den Großstädten zulegen, sagte er gestern anlässlich der Vorstellung des CDU-Reformpapiers "Zukunft durch Erneuerung", das im Februar auf Regionalkonferenzen debattiert werden soll. Anlass ist das Wahlfiasko der CDU - bei der Landtagswahl hatten die Christdemokraten fast 16 Prozentpunkte verloren. Als Reaktion auf das Papier gebe es bereits erste Ideen und eine viel versprechende Resonanz, sagte der neue Generalsekretär Michael Kretschmer. Er will zugleich erreichen, dass Vorstellungen der Parteispitze besser "an die Basis transportiert" werden. Es sei eine "Phantomdiskussion", wenn die Basis einfach "lieb gehabt" werden wolle. Kretschmer: "Es geht um inhaltliche Positionen."
Milbradt spricht derweil die Überalterung der sächsischen CDU an, deren Mitglieder ein Durchschnittsalter von 53,4 Jahren haben, über die sinkenden Mitgliederzahlen (derzeit 15.200), und über die Öffnung der Partei. "Wir müssen ran an die Bürger", sagt der Christdemokrat und erklärt: "Es ist wichtig, dass die Partei lebt und nicht nur Beiträge kassiert."
Über seine eigene Verantwortung für die Wahlschlappe und die teilweise heftige Schelte von Parteifreunden mag Georg Milbradt indes nicht sprechen. Die Kritiker sollten sich offen melden: "Wer sein Unwohlsein nur in der Wahlkabine äußert, hilft uns nicht weiter. Mit Heckenschützen kann man nicht diskutieren." Auch davon, dass sich der Frust einzelner CDU-Abgeordneter bei Abstimmungen im Landtag auch in zwei NPD-Stimmen niedergeschlagen haben könnte, will Milbradt nichts wissen: "Ich gehe davon aus, dass die zwei zusätzlichen Stimmen nicht aus unserer Reihen kommen." Ohnehin dürfe man das Dilemma der CDU nicht an einzelnen Personen fest machen.
Auf einem Parteitag im Herbst 2005 will Milbradt als Parteichef wiedergewählt werden. Er lässt nur wenig Zweifel erkennen, diesen Posten abgeben zu wollen. Es habe sich gezeigt, dass die Kombination in Verbindung mit einem anderen Amt sinnvoll ist - entweder als Ministerpräsident oder als Fraktionschef.
Sven Heitkamp