DNN/LVZ, 22.12.2004
Richter sieht Ungereimtheiten bei Landesbank
Dresden/Leipzig/Tutzing. Eine Steigerung des Image-Schadens, sagte Rainer Fuchs, sei gar nicht mehr möglich. Der Vorstand der Landesbank Sachsen (Sachsen LB) hatte sich gestern wieder einmal mit dem Streit um die Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) zu befassen - diesmal vor dem Oberlandesgericht Dresden. Dessen Vorsitzender Richter Ulrich Hagenloch orakelte: "Es kann alles noch viel schlimmer werden."
Der OLG-Vizepräsident sollte Recht behalten. Wenig später musste die Sachsen LB zugeben, dass sie es mit aktienrechtlichen Vorschriften nicht sonderlich genau genommen hat. Besonders gegen Paragraf 20 des Aktiengesetzes sei mehrfach verstoßen worden. Die Vorschrift regelt die Bekanntgabe von Gesellschafterverhältnissen in Aktiengesellschaften. Die Sachsen LB habe ihre Beteiligungen erst 2003 auf Hinweis von Juristen "bereinigt", erklärte der Leiter des Landesbank-Vorstandsstabes, Christian Spieker, als Zeuge.
Die Steigerung des Image-Schadens setzte sich fort, als Hagenloch "gewisse Probleme" mit der Plausibilität der Zeugenaussage des Sachsen-LB-Managers bekundete. "Es gibt da gewisse Ungereimtheiten. Die geschilderten Abläufe sind mehrfach etwas ungewöhnlich." Kritischer kann ein Richter die Glaubwürdigkeit eines Zeugen nicht beurteilen.
In dem Berufungsverfahren werden Klagen des früheren MDL-Vorstandes Ludwig Hausbacher verhandelt. Der Tutzinger Kaufmann greift insbesondere den Beschluss der MDL-Hauptversammlung vom 20. August 2003 an, ihn als Vorstand für das Jahr 2002 nicht zu entlasten. Er war im März 2003 von seinem Posten zurückgetreten, hält aber mit seiner Firma Industrie- und Immobilien-Leasing GmbH (IIL) 49 Prozent an der MDL. Zudem war in der Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung beschlossen worden, die die IIL nicht mittragen will.
Möglicherweise waren diese angegriffenen Beschlüsse mangels Stimmrecht nichtig, da die Sachsen LB ihre Mehrheitsbeteiligung an der MDL erst 2004 im Bundesanzeiger veröffentlicht hat. Zwar existiert ein Bekanntgabeschreiben vom 15. April 2003 - dessen Echtheit bezweifelt die IIL aber. Christian Spieker, der das Schreiben in Auftrag gegeben haben will, sprach einerseits von einem Routinevorgang, konnte sich andererseits aber exakt an jedes Detail der Übergabe des Papiers erinnern. Die IIL meldete daraufhin Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen an, die der Vorsitzende zumindest nicht restlos entkräftete. Pikant zudem: Die Sachsen LB hält ihrerseits die Einsprüche der IIL für unberechtigt - mit Verweis auf genau jene aktienrechtlichen Meldefristen, die auch die Tutzinger Firma nicht eingehalten hat.
Hagenloch empfahl den Parteien daher eine gütliche Einigung, die sämtliche Ansprüche umfasst. Ein Vergleich könnte allerdings an den Vorstellungen der trennungswilligen Partner scheitern. Die Sachsen LB will für die MDL-Anteile der IIL maximal 1,5 Millionen Euro zahlen, die IIL stellt sich eine Summe zwischen 33 und 40 Millionen Euro vor. Bis 31. Januar soll darüber verhandelt werden, der OLG-Senat will schon am 11. Januar eine Entscheidung verkünden. "Besser wäre es, Sie einigen sich vorher", so der Vorsitzende, "sonst werden die Einigungsgespräche emotional belastet."
Thomas Hartwig