Karl Nolle, MdL

Börsen-Zeitung, 12.01.2005

Die angeschlagene SachsenLB muss sich neu positionieren

 
Von Ulli Gericke, Berlin Börsen-Zeitung, 12.1.2005 Krisenmanagement sieht anders aus. Obwohl die Landesbank Sachsen (Sachsen LB) seit Monaten wegen ihres ungenügenden Schattenratings "BBB+" durch Standard & Poor's (S & P) unter verschärfter Beobachtung steht, spielt das Land als Gewährträger toten Käfer. Kein Wort, kein Handeln, gar nichts - und dies, obwohl in sechs Monaten die staatlichen Haftungsgarantien entfallen. Doch weder ist der Finanzminister für die regionalen Sparkassen zu sprechen, die ein Großteil der Rettungsgelder beisteuern sollen. Noch engagiere sich Landesvater Georg Milbradt, klagen Vorstände landauf, landab - "das gibt es in keinem Bundesland, dass die Landesbank existenziell bedroht ist und der Ministerpräsident schweigt." Lange kann die Dresdner Regierung diese Verweigerungshaltung aber nicht mehr durchstehen. Denn schon in wenigen Wochen soll die inzwischen installierte Arbeitsgruppe aus Sachsen LB- und Sparkassen-Verantwortlichen Vorschläge vorlegen, wie der Landesbank geholfen werden kann. Dreh- und Angelpunkt dabei ist einerseits die Frage, wie und in welchem Umfang die Bank Refinanzierungsmittel erhält, die sie wegen des künftig schlechten Ratings am Markt nicht mehr zu rentierlichen Bedingungen einwerben kann. Daneben muss der Sachsen LB zusätzliches Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden. Von Sparkassen ist zu hören, dass alle 18 sächsischen Institute zusammen bereit wären, bis zu 250 Mill. Euro zu stemmen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Land einen gleich hohen Betrag beisteuert zur dauerhaften Stärkung der vor reichlich zehn Jahren - unter maßgeblicher Beteiligung des damaligen Finanzministers Milbradt - selbst gegründeten Bank.

Vorwurf der "Intransparenz"

Zusätzlich fordern die Sparkassen eine kräftige "Eigenoptimierung" der Landesbank, mit dem Ziel, ihre Kosten um rund ein Drittel zurückzufahren. Bei der Sachsen LB wird ein massiver eigener Beitrag zur Verbesserung der Lage zwar akzeptiert. Das geforderte Einsparpotenzial sei allerdings angesichts der 2004 erreichten Cost-Income-Ratio von respektablen gut 35 % kaum zu realisieren. In Wirklichkeit geht es jedoch weniger um einzelne Kennziffern als um die grundsätzliche Frage, was geschehen muss, damit S & P das dringend benötigte "A"-Rating vergibt. Kann diese Perspektive nicht sichergestellt werden, sind alle Anstrengungen zur Rettung einer eigenständigen Sachsen LB vergebens - womit auch die Sparkassen ihre grundsätzlich bekundete Unterstützung zurückziehen würden. Dabei leidet die Landesbank zu einem gut Teil unter quasi natürlichen Nachteilen. Wenn etwa S & P bemängelt, dass nur ein Fünftel des Geschäftsvolumens innerhalb Sachsens abgewickelt wird, spiegelt dieses Monitum letztlich nur die ökonomische Schwäche und das fast vollständige Fehlen von Großbetrieben in Ostdeutschland wider, wo die Sachsen LB agiert. Daraus folgt eine immanente Ertragsschwäche aus dem normalen Bankgeschäft. Darüber hinaus sieht sich die Bank jedoch dem Vorwurf aus dem Sparkassen-Lager ausgesetzt, ihre Geschäftspolitik und ihre Beteiligungsstruktur seien "intransparent". Zudem habe sie sich aus dem Konsortialkreditgeschäft weitgehend zurückgezogen. Schließlich sei die Depot-A-Verwaltung für einige Sparkassen so unbefriedigend geblieben, dass sie die Verträge gekündigt hätten. Innovative Produkte im Wertpapiergeschäft müssten sich die Retailinstitute von anderen Landesbanken entwickeln lassen. "Zusammenfassend muss eingeschätzt werden, dass die Sparkassen in Sachsen die Sachsen LB als Landesbank im eigentlichen Sinne nicht benötigen. Der von den Ratingagenturen geforderte Verbund wird gegenwärtig nicht gelebt", heißt es in einem der Börsen-Zeitung vorliegenden Positionspapier. "Ohne Kurswechsel in der Ausrichtung der Geschäftspolitik ist eine Verbesserung des Ratings der Sachsen LB nicht möglich." Nun kann ohne Zweifel unterstellt werden, dass die Landesbank eine ähnlich lange Liste zögerlicher Sparkassen oder hinhaltender Landräte präsentieren kann, die eine Zusammenarbeit blockieren. Nicht umsonst umfasst der seit Jahren installierte Verbund von Sparkassen und Landesbank, die heutige Sachsen-Finanzgruppe, erst acht der 18 freistaatlichen Retailinstitute, während die Mehrheit eine Einbindung und damit Erfolgskontrolle vermeiden will. Auch ist die gruppeninterne Zusammenarbeit bis dato mangelhaft. Kein Wunder, dass die Ratingagenturen die Sachsen-Gruppe (trotz bundesweit erster konsolidierter Bilanz) als zu unverbindlich und nicht ausreichend für eine Verbesserung der Landesbank-Benotung bewerten.

Vorstand brüskiert Eigner

Trotz zwischenzeitig hochgekochter Emotionen scheint im Sparkassen-Lager inzwischen wieder die reine finanzielle Rationalität Oberhand gewonnen zu haben. Freilich versichern Teilnehmer rückblickend, dass den Landesbank-Eignern erst unlängst reiner Wein eingeschenkt worden sei, verbunden mit der Aufforderung, massiv Mittel zur Verfügung zu stellen, sonst müsse die Bank ihre Türen schließen. Auf die entsetzte Frage, wie lange der Vorstand von dieser angespannten Lage schon wisse, sei 2001 genannt worden. Kein Wunder, dass die brüskierten Landräte und kommunalen Eigner den Vorstand sowie das Beteiligungscontrolling der Sachsen-Finanzgruppe in Frage stellten. Der Landespolitik wiederum wird "völlig unkritisches" Verhalten vorgeworfen. Geblieben ist nach diesem Beben die bei Sparkassen und in Landkreisen verbreitete Ansicht, dass die nun nötigen Änderungen leichter mit einem neuen Vorstand zu bewerkstelligen wären. Gleichwohl bekennen sich wichtige Retailinstitute im Land für eine maßgebliche Unterstützung der Landesbank - wenn sie nachhaltig wirken kann, also eine Ratingverbesserung zur Folge hat. Zudem wollen auch die Sparkassen profitieren, wenn sie etwa langfristige Gelder bereitstellen. Die Retailhäuser sehen die Landesbank-Hilfe folglich als reines Investment, das eine rentable Rendite garantieren soll. Allerdings müsse die Landesbank künftig ihr Risikomanagement massiv verbessern, benötigten die Sparkassen doch eine realistische Risikoeinschätzung für ihr Milliardenengagement. Summa summarum addieren die kleinen Institute 3 bis 5 Mrd. Euro aus ihren Passivüberhängen, die sie aus anderen Anlagen für die Refinanzierung der Sachsen LB abziehen könnten.

Befristete Selbständigkeit

Wie die Finanzierungen im Einzelnen dargestellt werden, wird sich zeigen. Der Finanzmarkt bietet inzwischen viele Möglichkeiten. Damit ist freilich noch nicht geklärt, in welche Richtung die Sachsen LB künftig segeln wird. In Anbetracht der absehbaren Sparkassen-Unterstützung dürfte die Landesbank jedoch künftig verstärkt auf die Anforderungen der regionalen Retailinstitute eingehen und sich weniger dem internationalen Geschäft widmen. Wie lange eine reine Dienstleistungsfunktion aber eine selbständige Landesbank rechtfertigt, ist eine andere Frage.

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