mdr-online, 20:37 Uhr, 21.01.2005
Gedenken: NPD spricht von Bomben-Holocaust
Die Abgeordneten der rechtsextremen NPD haben im Dresdner Landtag Verbrechen der Nazis verharmlost. In der von der NPD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde zum 60. Jahrestag der Bombardierung Dresdens sprachen Fraktionschef Holger Apfel und Jürgen Gansel vom Bomben-Holocaust. Gansel ergänzte später: "Der Bomben-Holocaust steht ursächlich weder im Zusammenhang mit dem 1. September 1939 noch mit dem 30. Januar 1933." Nach der Leugnung der Zusammenhänge zwischen der Zerstörung Dresdens und dem Kriegsbeginn sowie der Machtergreifung Hitlers verließen die Parlamentarier aller anderen Fraktionen den Saal. Als NPD-Fraktionschef Apfel von "Massenmord" und von "angloamerikanischen Gangsterkomplizen" sprach, wurde ihm das Mikrofon abgestellt.
SPD-Fraktionschef und Alterspräsident Cornelius Weiss reagierte im Namen aller Fraktionen und sagte, das Dresdner Inferno vom 13./14. Februar 1945 dürfe niemals vergessen werden, aber auch nicht, wie es damals dazu gekommen sei. Weiss erinnerte an die Reichspogromnacht am 9. November 1938 und das deutsche Bombardement 1940 auf die englische Stadt Coventry.
NPD verweigert Gedenken an Nazi- und Kriegsopfer
Bereits zu Sitzungsbeginn hatten die Abgeordneten der NPD nicht an einer gemeinsamen Schweigeminute aller Parlamentarier für Nazi- und Kriegsopfer teilgenommen. Sie verließen geschlossen den Sitzungsraum. Landtagspräsident Erich Iltgen hatte dazu aufgefordert, sich an den bevorstehenden Gedenkveranstaltungen zum 60. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar und zum 60. Jahrestag der Zerstörung Dresdens und anderer sächsischer Städte zu beteiligen.
"Ich möchte Sie alle auffordern und bitten, mit mir in würdiger Weise der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu gedenken, durch welche Willkür- und Gewaltmaßnahmen sie auch zu Schaden gekommen sind", sagte Iltgen. Er war damit einem Antrag der NPD zuvorgekommen. Diese wollte ebenfalls eine Gedenkminute, diese aber auf die Opfer des Luftangriffs der Alliierten auf Dresden beschränken.
"Mit den Reden der NPD-Abgeordneten im Sächsischen Landtag liegt neues Material für ein Verbotsverfahren gegen die NPD vor." (Peter Porsch, PDS-Fraktionschef)
Staatsanwalt will rechtliche Schritte prüfen
Die Staatsanwaltschaft Dresden kündigte an, am Montag mögliche rechtliche Schritte gegen die NPD zu prüfen. Zunächst will sie die Vorgänge und Aussagen im Landtag genau auswerten.
Unmittelbar nach den NPD-Reden hatten Grüne und CDU gefordert, dass geprüft werden solle, ob die Redebeiträge als Volksverhetzung gewertet werden können. Der Chef der Grünen-Landtagsfraktion, Karl-Heinz Gerstenberg sagte, die Reden strotzten von Beleidigungen und rechtsextremistischer Ideologie. Gleichzeitig äußerte er sich zufrieden, dass es die Parteien geschafft hätten, gegenüber der NPD überzeugend agiert zu haben.
zuletzt aktualisiert: 21. Januar 2005 | 20:37